Kölner Philharmonie

Kölner Kammerorchester

Kammerorchester Köln
Foto: Matthias Baus
Kammerorchester Köln
Foto: Matthias Baus

Konzert - Mendelssohn-Bartholdy, Hartmann & Beethoven

Thomas Zehetmair, Konzertmeister & Leitung


Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847)
Ouvertüre Nr. 4 op. 32 „Das Märchen von der schönen Melusine“

Mendelssohn entstammte einer reichen, kulturell interessierten und engagierten jüdischen Familie. Sein Großvater war der berühmte Aufklärungsphilosoph Moses Mendelssohn. Sein Vater Abraham war einer der erfolgreichsten Bankiers seiner Zeit. Alles, was in Berlin oder als Besucher dieser Stadt Rang und Namen hatte, traf sich im Palais der Mendelssohns. In dessen Gartensaal, der mehreren hundert Besuchern Platz bot, fanden die beliebten „Sonntagsmusiken“ statt, für die Vater Mendelssohn die besten Berliner Orchestermusiker verpflichtete. Hier konnten der junge Felix und seine nicht minder begabte Schwester Fanny, die ihm bis zu ihrem Tode Beraterin und Vertraute in musikalischen Fragen blieb, mit ersten Kompositionen experimentieren, kleine Singspiele oder die frühen Sinfonien für Streichorchester ausprobieren. Gleichwohl jedoch sollte der junge Felix nach dem Willen der Familie zunächst ebenfalls Bankier werden, allenfalls Jurist. Dennoch erhielt Felix die beste musikalische Ausbildung. Goethes Freund Karl Friedrich Zelter beispielsweise unterrichtete ihn in Musiktheorie und Komposition. Mendelssohn war ein musikalisches Wunderkind. Bereits der Sechzehnjährige war als Pianist, als Komponist und als Dirigent eine Berühmtheit. 1836 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität Leipzig. 1843 übernahm er am neu gegründeten Leipziger Konservatorium eine Kompositionsklasse. Besonderes Ansehen genoss er jedoch als Orchestererzieher und Organisator. Er betrieb als erster eine systematische Pflege alter Musik, er setzte einen Pensionsfond für die Musiker des von ihm viele Jahre geleiteten Gewandhaus-Orchesters durch, und er entdeckte junge Talente wie die Sängerin Jenny Lind und das „Geigen-Wunder“ Joseph Joachim, die er nachdrücklich und erfolgreich förderte. Durch den plötzlichen Tod seiner Schwester Fanny erschüttert, starb Mendelssohn im Winter 1847 in Leipzig an den Folgen eines Gehirnschlags.
Unter den Orchesterwerken Mendelssohns finden sich eine Reihe von Konzertouvertüren. Die berühmteste unter ihnen ist die erste, 1826 entstanden, zu Shakespeares „Sommernachtstraum“. Auf einen alten Märchenstoff, auf den die Romantiker gerne zurückgriffen, bezieht sich die Ouvertüre „Das Märchen von der schönen Melusine“. Ludwig Tieck hatte ihn neu erzählt; der Maler Moritz von Schwind widmete ihm einen Bilderzyklus; Franz Grillparzer schrieb das Libretto zur „Melusinen“-Oper Conradin Kreutzers, die 1833 mit wenig Erfolg uraufgeführt wurde. Als Mendelssohn diese Oper sah, schrieb er an seine Schwester Fanny: „Die Ouvertüre wurde da capo verlangt und mißfiel mir ganz apart; da bekam ich Lust, auch eine Ouvertüre zu machen, nach der die Leute nicht da capo riefen, aber die es mehr inwendig hätte, und was mir am Sujet gefiel, nahm ich, und kurz, die Ouvertüre kam auf die Welt.“
Melusine ist eine Nixe, die Tochter einer Fee und eines Königs, die unter Menschen lebt, aber das Geheimnis ihrer Herkunft nicht preisgeben darf. Sie verliebt sich in einen Ritter, heiratet ihn und schenkt ihm zehn Kinder. Der Ritter darf sie nie nach ihrer Herkunft fragen und sie an Samstagen niemals aufsuchen. Doch der Ritter vermag seine Neugier nicht zu bezähmen. Wie ein weiblicher Lohengrin kehrt Melusine zurück in das Element ihres Ursprungs. Spielerische Wellenbewegungen in den Streichern und Holzbläsern kennzeichnen das Melusinen-Motiv der Introduktion, das von einem rhythmisch stark akzentuierten, ritterlichen Thema abgelöst wird. Ihm tritt zur Seite ein zweites Thema, das die aufkommenden Gefühle zwischen Melusine und dem Ritter schildert. Formal gesehen handelt es sich um die Exposition eines Sonatenhauptsatzes. In dessen Durchführung entwickelt sich zunächst, dem literarischen Programm entsprechend, ein trautes Eheglück und dann ein Konflikt. Die vergleichsweise ausgedehnte Coda wird wieder ganz vom Wellenmotiv der Melusine bestimmt.

Karl Amadeus Hartmann (1905-1963)
Concerto funèbre

Karl Amadeus Hartmann wurde am 2. August 1905 in München geboren und blieb dieser Stadt zeit seines Lebens verbunden. Hartmann begann seine Kompositionsstudien an der Staatlichen Akademie der Tonkunst bei Joseph Haas und setzte sie bei Hermann Scherchen fort. Einem Aufführungsverbot, das seinen frühen Kompositionen nach der Machtergreifung drohte, weil er den Nationalsozialisten als „entartet“ galt, kam Hartmann zuvor, indem er selbst die Aufführung seiner Werke für das Territorium des Dritten Reiches untersagte. Während dieser Zeit lebte und arbeitete Hartmann weiter in München, abgesehen von zwei Studienaufenthalten 1941 und 1942 bei dem ebenfalls verfemten Anton Webern in Maria Enzersdorf bei Wien. Erst 1945 konnten alle bis dahin entstandenen größeren Werke Hartmanns endlich auch in Deutschland aufgeführt werden, nachdem man im Ausland durch Aufführungen seiner kammermusikalischen Werke seit 1936 bereits auf ihn aufmerksam geworden war. Hartmann wurde als Musikdramaturg an die Bayerische Staatsoper verpflichtet und begründete im gleichen Jahr in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk die Konzertreihe „Musica viva“, die der Pflege zeitgenössischer Musik dienen sollte und die für viele spätere Gründungen ähnlicher Zielsetzung zum Vorbild wurde. Das Programm dieser Reihe bestimmte Hartmann selbst bis zu seinem plötzlichen Tod am 5. Dezember 1963, der ihn im Alter von nur 58 Jahren mitten aus seiner Arbeit riss. Neben der frühen Oper „Simplicius Simplicissimus“ (1934/35 komponiert nach dem gleichnamigen Roman des Barockdichters Grimmelshausen) schrieb Hartmann acht Sinfonien, Konzerte für Soloinstrumente verschiedener Besetzung, Vokalmusik und kammermusikalische Werke.
Als die Nazis in die Tschechoslowakei einmarschierten, komponierte Hartmann als „stillen Protest“ eine „Musik der Trauer“, die ein Jahr später in St. Gallen erstmals aufgeführt wurde. Später benannte er das Werk in „Concerto funebre“ um. Der Komponist beschrieb das Stück mit folgenden Worten: „Mein Concerto funebre entstand im Herbst 1939. Diese Zeit gibt Aufschluss über den Charakter des Werkes und den Anlass seiner Entstehung. Die vier Sätze, Choral – Adagio – Allegro – Choral, gehen nahtlos ineinander über. Mit den beiden Chorälen zu Beginn und am Ende wollte ich die Idee des Intellektuellen unterstützen und ermutigen, die damals ohne Zukunft schien. Es ist die Solostimme, die den ersten Choral maßgeblich trägt. Das Orchester übernimmt nur die Kadenz. Der zweite Choral mit seiner liedhaften Melodie erweckt den Charakter eines langsamen Fortschreitens. Die Lamentation im Adagio, die von trauermarschartigen Episoden unterbrochen wird, steht im Zeichen von Melodie und Klang. Das Allegro entfesselt mit seinen hämmernden Achteln rhythmische und dynamische Kräfte. Alles, was ich dachte und fühlte, wollte ich zu Papier bringen und so entstanden Form und Melos.“

Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Sinfonie Nr.2 D-Dur op. 36

Ludwig van Beethoven wurde am 16. Dezember 1770 in Bonn geboren. Er stammte aus einer aus dem Flämischen eingewanderten Musikerfamilie und wurde sehr früh zunächst vom Vater musikalisch ausgebildet, später dann von Christian Gottlob Neefe (ab 1782). Sein erstes öffentliches Konzert gab er – wie Mozart als „Wunderkind“ angepriesen – 1778 in einem Kölner Akademiekonzert, ab 1783 veröffentlichte er erste Werke und arbeitete als Organist und Cembalist bei der Bonner Hofkapelle. 1787 begegnete er Mozart während eines Aufenthaltes in Wien, wohin Beethoven auch 1792 übersiedelte. Seit 1793 nahm er u.a. Unterricht bei Joseph Haydn. Parallel zu seinem steigenden Ruhm stellte sich ab 1798 ein rasch wachsendes Gehörleiden ein, welches 1819 zur völligen Ertaubung führte. Er starb am 26. März 1827 in Wien.
Obwohl die zweite Sinfonie nur rund zwei Jahre vor der dritten, der „Eroica“ entstand, gehört sie doch noch in den Kreis der Orchesterwerke, in denen Beethoven übernommene Strukturen nutzt, um in ihrem Rahmen neue Gestaltungsweisen im Einzelnen auszuarbeiten und neue Ausdrucksbereiche zu erschließen. Und in jüngster Zeit wird die Sinfonie immer wieder im Zusammenhang mit der „Zauberflöte“ gesehen. Das ist biographisch belegbar und erscheint aus der Partitur plausibel, bei der eine außergewöhnliche „Mozart-Nähe“ unüberhörbar ist. Die langsame Einleitung ist umfangreicher als noch in der ersten Sinfonie. Beethoven gestaltet hier als Ausgangspunkt für das gesamte Geschehen den Gegensatz von gebieterischem Ernst und edlem, innigem Gesang. Auffallend ist der Dialogcharakter von Streicher- und Holzbläserpassagen in den ersten Takten. Triller in Flöten und Violinen bereiten das Hauptthema vor, das laut Beethoven von „frohgemutem, unternehmungslustigem, freundlichem und weltaufgeschlossenem Charakter“ sein soll. Nach kurzer modulatorischer Überleitung folgt das zweite Thema eher kämpferischen Charakters. Es erklingt zunächst leise, doch der Wechsel von Dur nach Moll, veränderte Dynamik und neue harmonische Beleuchtung rücken es immer mehr in ein heroisches Licht und machen seine Bindung an die Tradition der französischen Revolutionsmusiken deutlich. So ergibt sich eine neue „regelwidrige“ Themenexposition. Das lyrische, beschwingte Thema steht entgegen der Tradition an erster Stelle und das kämpferisch-energische nimmt den Platz des üblicherweise kantablen, innigen zweiten Themas ein. Beide Themen geben das Bild einer Persönlichkeit, die durchaus in Beziehung zur idealistischen Gestalt des Mozart-Prinzen Tamino gebracht werden könnte. Drohende Anklänge aus dem Hauptthema und ein gebieterisches Moll im Gleichklang des gesamten Orchesters stauen die Energien kurz vor Ende der Exposition mit typisch Beethovenschen Akzentuierungen und leiten zur Themendurchführung über. Während der Endphase werden immer deutlicher Signal- und Marschcharaktere der Themen hervorgekehrt und zu einem siegesfrohen, frischen Schluss geführt.
Der zweite Satz („Larghetto“) ist „die instrumentale Gestaltung des Eintritts von Tamino und Pamina in den Tempel der Eingeweihten“. Der sanft dahin schreitende Gesang des Hauptthemas erweist sich als Ableitung aus dem Seitenthema des ersten Satzes. Er, wie auch das innig schwärmende Seitenthema, sind Ausdruck reinen Glücks. Mit der Wiedereinführung des Hauptthemas wird eine besonders lyrisch-edle, fast schon erlösende Wirkung erzielt. Zum ersten Mal bei Beethoven trägt der dritte Satz einer Sinfonie die Bezeichnung „Scherzo“. Er ist von kräftigem und derbem Humor geprägt, was vielleicht ein Hinweis auf die Natur des Papageno sein könnte. Humorvoll gibt sich schon das Hauptthema mit seinen Echo-Wirkungen und der wechselnden Instrumentation, die die drei Noten des Grundmotivs spielerisch durch das ganze Orchester springen lässt. Mozartscher Gestus ist vor allem in den verschlungenen Violinfiguren zu beobachten. Das Trio, der zweite Teil des Scherzos, lebt vom vergnüglichen Kontrast zwischen dem fröhlich-unbeschwerten Gesang der Oboen, Hörner und Fagotte und einem heftigen Donnerwetter der Streicher. Im Miteinander von Streichern und Bläsern wird schließlich der Friede wiederhergestellt. Drastisch und überraschend beginnt der Finalsatz („Allegro molto“) mit dem sehr abrupt einsetzenden Hauptthema, dessen munter plappernder Nachsatz durchaus Assoziationen zur musikalischen Welt Papagenos und Papagenas in sich birgt. Es herrscht ein ausgesprochener Buffo-Ton, und so endet die Sinfonie in einem quirligen musikalischen Spiel.

Heidi Rogge

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Letzte Aktualisierung: 28.04.2024 09:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn