Kölner Philharmonie

Orchestre Philharmonique du Luxembourg

Johannes Moser
Foto: Künstleragentur
Johannes Moser
Foto: Künstleragentur

Konzert - Dvorák, Glanert, Brahms & Janácek

Johannes Moser, Violoncello
Gustavo Gimeno, Dirigent


Antonín Dvorák (1841-1904)
Othello op. 93 B 174
Konzertouvertüre für Orchester

Antonín Dvorák wurde 1841 in Nelahozeves geboren, einem kleinen an der Moldau gelegenen Dorf nördlich von Prag. Er absolvierte zunächst eine Metzgerlehre, bevor er sich ganz der Musik widmete. Nach einer zweijährigen Ausbildung an der Prager Orgelschule erhielt er das Abschlussdiplom und fand in Prag Unterkommen bei Verwandten. Seinen Unterhalt verdiente er als Mitglied einer Musikkapelle. Mit der ganzen Kapelle wechselte Dvorák nach einiger Zeit zum Prager Interimstheater, spielte dort zwölf Jahre die erste Bratsche und lernte dabei die damals gängige Opern- und Konzertliteratur kennen. Seit 1891 wirkte er als Kompositionslehrer am Prager Konservatorium. Im gleichen Jahr erhielt er sowohl von der tschechischen Universität Prag wie auch von der Universität Cambridge die Würde eines Ehrendoktors verliehen. Von 1892 bis 1895 weilte Dvorák als Direktor des New Yorker Konservatoriums in den Vereinigten Staaten und komponierte dort unter anderem seine berühmteste Sinfonie „Aus der Neuen Welt“. Am 1. Mai 1904 starb er in seiner Prager Wohnung an einem Gehirnschlag. Mit 50 Jahren wandte sich Dvorák, kurz nach seiner achten Sinfonie, wieder der programmatischen Musik zu. Unter dem Namen „Príroda, Život a Láska“ (Natur, Leben und Liebe) schrieb er in rascher Aufeinanderfolge vom 31. März 1891 bis 14. Januar 1892 drei Ouvertüren für großes Orchester, die die Opus-Nummern 91, 92 und 93 tragen, aber als zusammengehörig in einem Zyklus vereinigt waren. Zwar sind diese drei Werke für großes, teilweise um Harfe und erweitertes Schlagzeug angereichertes Orchester bedeutende Marksteine auf Dvoráks Weg zur Sinfonischen Dichtung, doch liegt ihnen kein detailliertes Programm zugrunde. Mit den inhaltlichen Themen wollte der Komponist lediglich je einen Teilaspekt menschlicher Existenz zum Ausdruck bringen. Die Uraufführung dirigierte Dvorák selbst am 28. April 1892 im Prager Rudolfinum, wobei er einleitend auf den inneren Zusammenhang der drei Stücke hinwies. Später wurden die Werke getrennt, das erste hieß nun „In der Natur“, das zweite „Karneval“ – und das dritte „Othello“: Diese letzte Ouvertüre ist ein Denkmal der Liebe in allen ihren Äußerungen, in ihrer beglückenden, aber auch vernichtenden Kraft, der Eifersucht. Fungiert das Naturthema in den ersten beiden Ouvertüren als gesunde Basis bzw. idyllisches Intermezzo, so erklingt es in „Othello“ verzerrt und gequält: „Als Opfer seiner Leidenschaften hat sich der Mensch am meisten von der Natur entfernt.“ (Karl Schumann) Die Sonatenform (nach einer vorhergehenden, unruhigen Einleitung) wird individuell behandelt: Die Ouvertüre arbeitet mit Themengruppen statt jeweils nur einem Haupt- und Seitenthema. Das musikalische Seelendrama steuert auf einen grellen, tragischen Schluss zu.

Detlev Glanert (*1960)
Konzert für Violoncello und Orchester
Kompositionsauftrag von Elizabeth und Justus Schlichting sowie von Orchestre Philharmonique du Luxembourg, Kölner Philharmonie (KölnMusik) und Toronto Symphony Orchestra
Europäische Erstaufführung

Detlev Glanert ist mit seinen erfolgreichen Bühnenwerken heute einer der meistgespielten lebenden Opernkomponisten in Deutschland. Auch seine Orchester- und Kammermusik offenbart Gespür für eine besonders lyrische und leidenschaftliche musikalische Sprache und eine Verbundenheit mit der Tradition, die aus einem zeitgenössischen Blickwinkel neu beleuchtet wird. Geboren wurde Detlev Glanert 1960 in Hamburg. Er lernte Trompete, Tenorhorn, Kontrabass und Klavier. Von 1980 bis 1982 studierte er Komposition bei Diether de la Motte in Hamburg sowie von 1985 bis 1989 bei Hans Werner Henze in Köln. Ergänzende Studien führten ihn im Sommer 1986 zu Oliver Knussen nach Tanglewood. Für insgesamt zehn Jahre lebte Detlev Glanert in Italien, wo er fünf Jahre das „Istituto di Musica“ und drei Jahre das „Cantiere Internazionale d’Arte“ in Montepulciano als künstlerischer Direktor leitete. 1992/93 war er Stipendiat der Deutschen Akademie Villa Massimo in Rom, 2003 Composer in Residence am Nationaltheater Mannheim sowie 2005 beim Pacific Music Festival in Sapporo. Er hielt Vorträge und leitete Kompositionsklassen u.a. in Aspen, Genua, Montepulciano, Melbourne, Djakarta und Sapporo. Detlev Glanert lebt in Berlin.
Sein instrumentales Schaffen umfasst vier Sinfonien, Solokonzerte für Klavier, Klavierduo, Violine, Harfe, Trompete und Tuba, außerdem zahlreiche Orchesterstücke sowie viele kammermusikalische Werke. Glanerts vierzehn Musiktheaterstücke erlebten jeweils zahlreiche Inszenierungen und Aufführungen weltweit, er wurde für seine Opern mit Preisen geehrt, so unter anderem 1993 mit dem renommierten Rolf-Liebermann-Opernpreis für die erste abendfüllende Oper „Der Spiegel des großen Kaisers“ oder 2001 mit dem Bayerischen Theaterpreis für die komische Oper „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung“, sein bislang erfolgreichstes Bühnenwerk. Für „Oceane“ wurde er 2019 mit dem Oper!Award und 2020 mit dem OPUS Klassik als „Komponist des Jahres“ sowie 2020/2021 mit dem International Opera Award ausgezeichnet.
In der Saison 2023/24 stehen mehrere Ur- und Erstaufführungen an. Highlights auf der Opernbühne sind die Uraufführung von „Die Jüdin von Toledo“ an der Semperoper Dresden (Regie: Robert Carsen, Musikalische Leitung: Jonathan Darlington) und eine Neuinszenierung von „Die drei Wasserspiele“ am Pfalztheater Kaiserslautern. Das Trompetenkonzert erfährt seine deutsche Erstaufführung mit Simon Höfele und Markus Stenz in Nürnberg und wird auch vom Auftraggeber Boston Symphony Orchestra mit dessen Solotrompeter Thomas Rolfs unter Andris Nelsons noch einmal ins Programm genommen. Weitere Konzert-Highlights sind Aufführungen des Violinkonzerts „An die Unsterbliche Geliebte“ mit Midori in Istanbul und Hannover, eine Auswahl von Glanerts Bearbeitungen der „Wunderhorn“-Lieder von Gustav Mahler mit Matthias Goerne und dem WDR Sinfonieorchester unter Cristian Macelaru, die britische Erstaufführung der „Prager Sinfonie“ mit Semyon Bychkov und dem BBC Symphony Orchestra in der Londoner Barbican Hall und die tschechische Erstaufführung von „Ballàbili“.
Im Konzertsaal leitet Gustavo Gimeno die Uraufführung des Cellokonzerts für Johannes Moser in der Philharmonie Luxemburg – mit Folgekonzerten heute hier in Köln und dann noch in Toronto. Das knapp 30-minütige Werk ist in drei Abschnitte unterteilt: Es beginnt mit sehr dunklen Klängen sowie rhythmischen Konflikten zwischen dem Solisten und dem Orchester – nur kurzzeitig verdrängt durch eine träumerische Melodie des Cellos. Als zweiter Teil folgt ein monströser und sehr rascher Walzer, der sich bis zu einer zerstörerisch wirkenden Explosion aufbaut. Am Ende steht ein Adagio mit helleren und optimistischeren Klangwelten – auch wenn die dunklen Schatten drohen, wieder zurückzukehren.

Johannes Brahms (1833-1897)
Variationen für Orchester über ein Thema von Joseph Haydn B-Dur op. 56a

Der gebürtige Hamburger erhielt den ersten Musikunterricht von seinem Vater, der als Unterhaltungsmusiker und später im städtischen Orchester mehrere Instrumente spielte. Stundengeben, Bearbeitungen von Tanzmusik und Klavierspiel in Theatern verschafften ihm seinen ersten Verdienst als Musiker. Brahms' Begegnungen mit dem Geiger Joseph Joachim, mit Clara und Robert Schumann, mit Franz Liszt und mit dem Dirigenten Hans von Bülow führten in den 1850er-Jahren zu wichtigen kompositorischen Befruchtungen und sich stetig ausbreitendem Ruhm. Nach einigen Jahren als Hofmusikdirektor in Detmold übersiedelte der Komponist 1864 nach Wien, wo er sich 1869 endgültig niederließ und trotz mehrerer öffentlicher Funktionen vorwiegend von seinem Komponieren lebte.
Im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien fand Johannes Brahms 1870 eine Joseph Haydn zugeschriebene „Feldpartita“, aus der ihn ein eigentümlich gebauter „Chorale St. Antoni“ nach vielen Jahren, in denen er nur Klavier- und Kammermusik sowie Lieder komponiert hatte, erstmalig wieder zu einem größeren Orchesterwerk animierte. Die Herkunft dieses dreiteiligen „Chorals“ (zweimal fünf Takte zu Beginn, zweimal vier Takte im Mittelteil und dreimal vier Takte als Beschluss) ist bis heute ungeklärt, strittig ist auch die Autorschaft Haydns an der „Feldpartita“. Über diesen „Choral“ komponierte Brahms 1873 eine Reihe von Variationen, in denen erstmals sein reifer Orchesterstil ausgeprägt erscheint. Die sogenannten „Haydn-Variationen“ wurden am 2. November1873 in Wien unter der Leitung des Komponisten erstmals aufgeführt. Bereits diese Uraufführung sicherte den großen Erfolg des Stückes.
Das Werk ist von großer Formstrenge: Die B-Tonart des „Chorals“, der das Thema abgibt, wird in allen acht Variationen beibehalten, in der zweiten, vierten und achten allerdings nach Moll gewendet. Beibehalten wird ebenfalls das eigentümliche fünftaktige Metrum des ersten Choralteils. Brahms respektiert auch die Wiederholungen des „Chorals“, nutzt sie allerdings zu vielfältig wechselnder Instrumentation. Als Kompositionsprinzip nimmt die Variation in allen größeren Kompositionen von Brahms eine gewichtige Rolle ein. Auch die „Haydn-Variationen“ sind mehr als ein Zyklus von Charakterstücken. Brahms begreift vielmehr die einzelnen Variationen als gegensätzliche oder weiterführende Glieder eines sinfonischen Satzes, der insgesamt auf Steigerung hin angelegt ist. Erzielt wird diese Steigerung beispielsweise durch eine zunehmende Verdichtung des thematischen Materials und durch eine Verschärfung des Tempos, das vom „Andante“ des Themas bis zu einem „Presto non troppo“ in der achten Variation führt. Ein letztes Mal erscheint das Prinzip der Variation gesteigert in der Finallösung: Die hier verwendete Passacaglia stellt eine besonders komplexe Variationsform dar, die die Folge der vorausgegangenen Variationen überhöht und abschließt. Höchst kunstvoll wird der fünftaktige Basso ostinato entwickelt. Er wechselt schließlich in die Oberstimmen. Dabei treten die Umrisse des themengebenden „Chorals“ immer deutlicher hervor, bis er endlich – allerdings verkürzt – von Skalenläufen umrauscht noch einmal erklingt. Eine knappe Coda beschließt das glanzvolle Werk.

Leos Janácek (1854-1928)
Sinfonietta JW VI/18
für Orchester

Der im nördlichen Mähren geborene Leoš Janácek steht mit seinem Schaffen wie ein erratischer Block in der Musiklandschaft. Er hatte weder Vorgänger noch Nachfolger. Seine Werke im Geiste der Spätromantik blieben lange wenig beachtet, bis er im Alter von 62 Jahren dank einer triumphalen Aufführung seiner einige Jahre zuvor entstandenen Oper „Jenufa“ 1916 in Prag endlich breitere Anerkennung fand. In den folgenden zwölf Jahren bis zu seinem Tod komponierte er in einem wahren Schaffensrausch die Mehrheit der Werke, derentwegen er heute als einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts gilt: sinfonische Werke wie die Rhapsodie „Taras Bulba“, Chorwerke wie die „Glagolitische Messe“ und vor allem Opern wie „Katja Kabanova“, „Das schlaue Füchslein“ und „Die Sache Makropulos“. Janácek zählt neben Igor Strawinsky, Béla Bartók und Manuel de Falla zu den Komponisten, die in dem Ruf stehen, die abendländische Musik aus der Volksmusik heraus erneuert zu haben.
Eigentlich hatte man den über 70-jährigen Janácek 1926 nur um einige Eröffnungsfanfaren für einen tschechischen Sport-Kongress gebeten. Doch der Komponist, nun auf der Höhe seiner Schaffenskraft, entwickelte im Laufe des Jahres aus dieser Anregung ein Werk, das fünf sinfonische Sätze umfasst und gattungsmäßig zwischen Sinfonie und Suite angesiedelt ist. Der signalartige Anfang, geschrieben für eine große Blechbläsergruppe, zeugt noch von dem feierlichen Anlass der Komposition. Spätestens im anschließenden Allegretto ist jedoch davon nichts mehr zu spüren: Mährisch-folkloristische Tanzthemen, wirkungsvoll mit ungemischten Farben orchestriert, zeigen Janáceks Kunst, durch die konzentrierte Beobachtung der Volksmusik neue Wege zu finden. Dem elegischen dritten Satz schließt sich eine weitere tänzerische Einlage an. Das Finale nimmt die frischen Klänge und Fanfaren des Anfangs wieder auf.

Heidi Rogge

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Letzte Aktualisierung: 28.04.2024 13:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn