Kölner Philharmonie

Orchestra of the Age of Enlightenment

Masaaki Suzuki
Foto: Marco Borggreve
Masaaki Suzuki
Foto: Marco Borggreve

Lesung - Johann Sebastian Bach

Anna Dennis, Sopran
Hugh Cutting, Countertenor
Guy Cutting, Tenor
Dominic Sedgwick, Bariton
Choir of the Age of Enlightenment
Masaaki Suzuki, Dirigent


Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)
Weihnachtsoratorium BWV 248

Kantaten I - VI

In Bachs Leipziger Zeit als Thomaskantor bildete die Kantate den Hauptbestandteil kompositorischer Arbeit, denn für jeden Sonntag oder kirchlichen Feiertag des Jahres musste Bach eine Kantate bereit haben, so auch für die Weihnachtsfesttage und -sonntage. Insgesamt hat Bach in Leipzig mit einem Jahresbedarf von bis zu 60 Kantaten rechnen müssen. Für die Aufführungen standen allerdings nur geringe Probezeiten zur Verfügung. Bach musste sich daher auf das Können seiner besten Thomaner, vier Stadtpfeifer, drei Kunstgeiger und der Studenten des Collegium musicum verlassen. Und obwohl sich Bach über den desolaten
Zustand der ihm zur Verfügung stehenden Sänger und Scholaren des Thomanerchores in seinem Schreiben an den Leipziger Rat bitter beschwert: "[...] Zum Beschluß finde mich genöthiget den numerum derer itzigen alumnorum mit anzuhängen, iedes seine profectus in Musicis zu eröffnen [...] Summa. 17 zu gebrauchende, 20. Noch nicht zu gebrauchende, und 17 untüchtige. Leipzig, den 23. August 1730." (Kurtzer, iedoch höchstnöthiger Entwurff einer wohlbestallten Kirchen Music; nebst einigem unvorgreiflichen Bedencken von dem Verfall derselben), so darf man angesichts der anspruchsvollen Partituren von angemessenen Fähigkeiten seiner Sänger und Musiker ausgehen. Dem kirchenmusikalischen Gebrauch entsprechend war es üblich, die Kantaten nach dem Ablauf des Kirchenjahres in Jahrgängen zusammenzufassen. Bezieht man die von Bach vor seiner Leipziger Zeit entstandenen Kantaten mit ein, komponierte Bach fünf Jahrgänge, wovon allerdings nur drei hinreichend belegt sind und in den Jahrgängen vier und fünf erhebliche Lücken auftreten. Von Bachs Gesamtwerk ist ungefähr die Hälfte erhalten, von den über 300 Kirchenkantaten nicht einmal 200.

Das bis heute populärste oratorische Werk Johann Sebastian Bachs ist ohne Zweifel das Weihnachtsoratorium. Der offizielle Titel im Druck lautete: „Oratorium, Welches Die heilige Weihnacht über In beyden Haupt-Kirchen zu Leipzig musiciret wurde. Anno 1734“. Streng genommen handelt es sich bei dem Werk allerdings nicht um ein Oratorium, sondern um die Folge von sechs Kantaten, die durch den Inhalt der biblischen Weihnachtsgeschichte zusammengefasst und verbunden sind. Sie verteilen sich auf die Gottesdienste am ersten, zweiten und dritten Weihnachtstag, am Neujahrstag, Sonntag nach Neujahr und Epiphanias
Bach hat die Kantaten niemals geschlossen an einem Tage aufgeführt, eine solche Aufführung auch nicht im Auge gehabt. Bis heute ist nicht geklärt, wer die gedichteten Teile des Textes geschrieben hat. Die Vermutungen richten sich auf Henrici Picander. Doch dürfte Bach sehr wahrscheinlich die Auswahl und Zusammenstellung der Bibeltexte und der Choralstrophen sowie die Arbeit an den gedichteten Versen seinen Wünschen entsprechend beeinflusst haben. Nimmt man die sechs Kantaten als Ganzes, dann erfüllt dieses Werk alle Erwartungen, die um 1735 an ein Oratorium zu stellen waren, in reichem Maße. Die Abfolge der sechs Teile (man könnte im Sinne des Oratoriums auch an zwei Teile von je drei Kantaten für Weihnachten und für Neujahr denken) führt in ihrer formalen Vielfalt zu Höhepunkten und zu einer Geschlossenheit, die den Erfordernissen des Oratoriums voll entsprechen.

Jeder Teil wird mit einem anders gearbeiteten Chorsatz eröffnet, der zweite von einer Sinfonia, einer instrumentalen Hirten- und Engelsmusik, wie sie ausdrucksvoller nicht wieder komponiert worden ist. Jeder Teil schließt mit einem Choral, im dritten Teil folgt darauf jedoch ein Da capo des Eröffnungschores. Immer wählt Bach für den Schlusschoral eine neue formale Lösung: Zwischenspiele mit Trompeten, mit Holzbläsern, mit feierlichem Orchesterritornell, mit vierstimmigem Choralsatz ohne Zutat, schließlich mit vollem Orchester und Einbau des Chorals in einen prachtvollen, strahlenden Orchestersatz und konzertierender Trompete als
Schluss-Satz des ganzen Oratoriums. So entgeht der Komponist selbst bei der Reihung der sechs Kantaten durch fortwährend neue und in der Abfolge kontrastierende formale Lösungen der Gefahr der Uniformität. Dies gilt gleichermaßen für die Sologesänge. Sie lassen die Da- capo-Formen der Arien durch melodischen Reichtum, tänzerischen Charakter, Virtuosität, Einsatz immer anderer obligater Instrumente abwechslungsreich werden. Neben den Arien verwendet Bach auch Duette (Teil 3, Nr.29) und Terzett (Teil 6, Nr.51). Die schlicht erzählenden Evangelistenrezitative ergreifen in der Unmittelbarkeit und Wahrhaftigkeit ihres Ausdrucks. Durch die Verflechtung von Choral und Rezitativ (z. B. in Nr.7 ,,Er ist auf Erden kommen arm"), durch Dialogrezitativ (Nr.13 ,,Und der Engel sprach zu ihnen"), sogar durch den Einsatz aller Solisten im vierstimmigen ariosen Rezitativ (Nr.63) erhalten die Rezitative der einzelnen Teile eine kaum zu überbietende Farbigkeit. Bemerkenswert ist, dass Bach die Musik des Weihnachtsoratoriums zu großen Teilen aus früheren, vor allem weltlichen Geburtstagskantaten parodiert hat. Hauptspender waren die 1733 für Mitglieder der kurfürstlichen Familie in Dresden geschriebenen Kantaten "Tönet, ihr Pauken!" (BWV 214) und "Lasst uns sorgen, lasst uns wachen" (BWV 213). Bach schöpfte quasi aus der Fülle vorhandener Kompositionen, passte den Text der Melodie an und schuf eine unvergleichliche Komposition voll Pracht und festlichem Glanz, Anmut und innerlicher Andächtigkeit, deren Reiz man sich nicht entziehen kann. Besondere Aufmerksamkeit gilt im Weihnachtsoratorium den Bläsern, die mit Oboen und Englischhorn die typische Krippenmelodik hervorheben. Auch Fagott und Flöte sowie Trompeten, Pauken und Orgelcontinuo kommen zum Einsatz. Innig und weich klingt die ausgedehnte Sinfonia am Anfang des zweiten Teils. Glücklich erklingen die Trompete in der kraftvollen Bassarie "Großer Herr und starker König". Äußerst gelungen erscheint das Flötensolo in der Tenorarie "Frohe Hirten, eilt, ach eilet". Eine wichtige Rolle kommt der Altistin zu, die im ersten Teil die stimmungsvolle a-moll-Arie "Bereite dich, Zion" zu singen hat. Nochmals besondere Bedeutung bekommt die dunkle Frauenstimme mit den Marienarien am zweiten und dritten Festtag mit dem Schlaflied "Schlafe mein Liebster" und dem innigen "Schließe, mein Herze, dies selige Wunder". Eingeleitet vom Evangelisten erklingt auch der chorische Schwerpunkt "Ehre sei Gott in der Höhe" als außerordentlich gelungener Mittelpunkt des Geschehens. Die lebhaft fugierten Stellen münden in einer festlichen Klangpracht, die den "Weg der Hirten nach Bethlehem" vorbereitete, der im dritten Teil (mit festlicher Einstimmung und abschließender Wiederholung) anschaulich und im anhebenden Kanongesang angestimmt wird. Ein Weg zu Weihnachten mit Bachs Musik bedeutet in diesem Sinn nichts Antiquiertes. Auch bekannte Melodien wie die Weise "Vom Himmel hoch", welche dreimal Verwendung findet, oder das jubilierende und stille Musizieren mit Freude oder auch dunkler Vorahnung verdeutlichen auf beste Art, was Menschen in der Weihnachtszeit spüren und sie bewegt.

Die Folge der einzelnen Teile lautet:
Teil I: „Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage“
Teil II: „Und es waren Hirten in derselben Gegend“
Teil III: „Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen“
Teil IV: „Fallt mit Danken, fallt mit Loben“
Teil V: „Ehre sei dir, Gott, gesungen“
Teil VI: „Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben“

Gesamtspieldauer aller Teile: ca. 2,5 Stunden
Christoph Prasser

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Letzte Aktualisierung: 27.04.2024 16:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn