Kölner Philharmonie

Gürzenich-Orchester Köln

Juanjo Mena
Foto: Michal Novakfi
Juanjo Mena
Foto: Michal Novakfi

Nachthell
Konzert - Brahms & Elgar

James Ehnes, Violine
Juanjo Mena, Dirigent


Johannes Brahms (1833-1897)
Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 77 (1878)

Der gebürtige Hamburger erhielt den ersten Musikunterricht von seinem Vater. Stundengeben, Bearbeitungen von Tanzmusik und Klavierspiel in Theatern verschafften ihm seinen ersten Verdienst. Kein Geringerer als Robert Schumann machte 1853 die musikinteressierte Welt in einem enthusiastischen Artikel in seiner „Neuen Zeitschrift für Musik“ auf die Bedeutung des jungen, damals noch wenig bekannten Komponisten aufmerksam: „Ich dachte, […] es würde [...] einmal plötzlich Einer erscheinen, der den höchsten Ausdruck der Zeit in idealer Weise auszusprechen berufen wäre, einer, der uns die Meisterschaft nicht in stufenweiser Entfaltung brächte, sondern, wie Minerva, gleich vollkommen gepanzert aus dem Haupte des Kronion spränge. Und er ist gekommen, […]. Er heißt Johannes Brahms.“ Brahms' Begegnungen mit dem Geiger Joseph Joachim, Clara und Robert Schumann, Franz Liszt und dem Dirigenten Hans von Bülow führten in den 1850er-Jahren zu wichtigen kompositorischen Befruchtungen und sich stetig ausbreitendem Ruhm. Nach einigen Jahren als Hofmusikdirektor in Detmold übersiedelte er 1864 nach Wien, wo er sich 1869 endgültig niederließ und trotz mehrerer öffentlicher Funktionen vorwiegend vom Komponieren lebte. Von den musiktheoretischen Richtungskämpfen, in denen er, ohne es zu wollen, das „Haupt“ einer angeblich konservativen Partei verkörperte, versuchte er sich fernzuhalten. Bis ins hohe Alter, das ihm viele Ehrungen brachte, beschäftigte er sich intensiv mit der Musikgeschichte bis zurück in die Renaissance und blieb gleichzeitig den musikalischen Entwicklungen seiner Gegenwart zutiefst verbunden.

Entstanden ist das 1874 in Wien und 1877/78 in Pörtschach komponierte Konzert für Violine und Orchester in D-Dur op. 77 auf Veranlassung des Freundes Joseph Joachim, der auch bei der Uraufführung am 1. Januar 1879 im Leipziger Gewandhaus unter der Leitung des Komponisten den Solopart spielte. Der großangelegte Kopfsatz („Allegro non troppo“) setzt mit einem kantablen, ruhig einherschreitenden Thema in den Bässen ein. Nachdem das punktierte Seitenthema im Tutti des Orchesters erklungen ist, beginnt die Solovioline mit ihren Figurationen, die schließlich in die Solo-Exposition des Hauptthemas einmünden. Die Solovioline trägt auch ein zweites, in der Exposition des Orchesters nur angedeutetes Seitenthema in A-Dur vor. Erst dann folgt das Seitenthema aus der Tutti-Exposition. Die konzentrierte Durchführung greift auf den Beginn der Solo-Exposition zurück und verwendet im Orchester vor allem Elemente des Hauptthemas. Im vollen Tutti des Orchesters beginnt die Reprise des Satzes, in der die Themen in der Reihenfolge der Solo-Exposition wieder erscheinen. Nach der heute meist gespielten Kadenz von Joseph Joachim erklingt noch einmal leise das Hauptthema, ehe der Satz glanzvoll endet.

Der langsame Mittelsatz („Adagio“) steht in F-Dur. Sein Aufbau ist relativ komplex, denn die Form einer dreiteiligen Reihung ist kombiniert mit Elementen eines Variationensatzes. Eine Oboenmelodie, eingebettet in einen reinen Bläsersatz, wird von der Solovioline aufgenommen, verzierend umspielt und dann – um einen Halbton verrückt – in den deutlich abgehobenen Mittelteil des Satzes überführt. Ihm schließt sich eine verkürzte und gleichzeitig veränderte Reprise an, die ganz auf das Soloinstrument ausgerichtet ist. Der Finalsatz („Allegro giocoso, ma non troppo vivace“) hat die Form des Rondos und erinnert an ungarische Volksmusik. Die von der Solovioline vorgetragene zündende Hauptmelodie des Satzes wird vom Orchester aufgegriffen und weitergeführt. Ein lyrisches Couplet im 3/4-Takt schließt sich an. Die vorhergehenden Teile werden, allerdings in etwas veränderter Fassung, noch einmal aufgegriffen. Ein zweites Couplet-Thema wird eingeführt, ehe eine zum Presto gesteigerte Coda, die das Hauptthema noch einmal rhythmisch umdeutet, das schwungvolle Ende des Satzes markiert.


Edward Elgar (1857-1934)
Sinfonie Nr. 2 Es-Dur op. 63 (1909–11)

Sir Edward Elgar wurde 1857 als Sohn eines Musikalienhändlers in der Nähe des britischen Worcester geboren. Er war weitgehend Autodidakt. Die musikalischen Grundlagen schuf er sich, indem er neben dem Klavier auch die wesentlichsten Streichinstrumente und das Fagott spielen lernte. Bereits mit zwölf Jahren komponierte er. Als Dirigent einiger Amateurorchester und Chöre erwarb er früh praktische Kenntnisse. Obwohl er seine Neigung zur Komposition immer mehr vertiefte, konnte er im Alter von 30 Jahren lediglich einige kleine Erfolge verbuchen. Durch seine Eheschließung mit der künstlerisch begabten und hochintelligenten Alice Roberts erhielt Elgar die für ihn notwendigen Anregungen und Motivation. Seine Werke erlangten immer höheren Bekanntheitsgrad. Doch erst mit der Uraufführung seiner „Enigma-Variationen“ im Jahre 1899 gelang ihm der Durchbruch als anerkannter Komponist – nicht nur in Großbritannien, sondern in ganz Europa. In den letzten vierzehn Jahren seines Lebens komponierte er nicht mehr. Einem durch den Ersten Weltkrieg gezeichneten England hatte er nichts mehr zu sagen. Dafür erhielt er aber zahlreiche Ehrungen, die in der Verleihung des Titels als Hofkomponist des englischen Königshauses gipfelten.

Elgars Musik verkörperte endlich wieder jenen Typus arteigener englischer Musik, die lange Zeit hatte auf sich warten lassen. Zum ersten Mal seit Purcell und Händel schaffte es wieder ein Komponist, sich mit seinen Werken zum Sprecher des Volkes zu machen. Als repräsentativer Komponist der Epoche König Edwards erzielte Elgar noch zu Lebzeiten die nationale Anerkennung seines Eigenstils. Trotz der sehr persönlichen Prägung des Tonfalls seiner Musiksprache bleibt diese doch dem Vorbild der Hochromantiker verpflichtet. Seine zweite, dem Andenken an König Edward VII. gewidmete Sinfonie vollendete er im Jahr 1911 „in fieberhafter Eile“ und meinte: „Das Ding hat ungeheuer viel Energie.“ Doch das Londoner Publikum war nach der Uraufführung nicht wirklich begeistert, so dass Elgar verstört seinem Konzertmeister zuraunte: „ Sie sitzen da wie eine Horde vollgestopfter Schweine.“ Dabei ist die Sinfonie ein Meisterwerk. In die Partitur notierte Elgar ein Zitat des Dichters Shelley: „Selten, selten kommst Du, Geist der Freude“. Und diesen Geist beschwört er mit einer mal nachdenklich-elegischen und dann wieder äußerst überschwänglich-dramatischen Tonsprache – welche auch Rhythmen enthält, die sich Elgar während einer Venedig-Reise bei Straßenmusikern auf dem Markusplatz abgelauscht hat. Er sagte auch über die Sinfonie, sie sei eine „leidenschaftliche Pilgerfahrt einer Seele“.

„Der Keim des Werks steckt in den Eröffnungstakten, dem ‚Spirit of Delight‘-Thema“, erklärte Elgar, „die in veränderter Form zum letzten Mal in den Schlusstakten des Finalsatzes zu hören sind.“ Der erste Satz, „Allegro vivace e nobilmente“, ist ein breit angelegter Sonatensatz. Der überschäumenden Freude des besagten Anfangsthemas folgt zunächst das sanftere Nebenthema der Geigen und im weiteren Verlauf eine spukhaft verhangene Episode mit Harfen, gedämpften Hörnern und Streichern. Der zweite Satz, „Larghetto“, offenbart sich als zutiefst empfundene Elegie. Nach einem Paukenwirbel und einer ruhigen Streicherpassage wird über einem langsamen Marsch-Rhythmus das kraftvolle erste Thema vorgestellt. Wenn das Trauermarsch-Thema nach einem leidenschaftlichen Höhepunkt wiederkehrt, erhebt sich darüber innig die Solo-Oboe. Der dritte Satz beginnt lebhaft und scheinbar heiter. Doch nach einiger Zeit kündigen die Pauken die Wiederkehr der Episode von „unheilvollem Einfluss“ aus dem ersten Satz an, die zuerst in den Streichern auftaucht und dann massiv vom Blech übernommen wird. Die düstere Spannung löst sich im vierten Satz, „Moderato e maestoso“ – der zur Haupttonart zurückkehrt. In der resignativ wirkenden Coda erklingt noch einmal das einleitende Thema der Sinfonie, gleitet zart und lyrisch durch das Orchester und verklingt, bevor ein Paukenwirbel den Schlusspunkt setzt.


Heidi Rogge

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Letzte Aktualisierung: 28.04.2024 19:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn