Die Kinder des Sultans - Oper - Kultur Nr. 174 - Dezember 2022

Zauberhafte Orientreise

Mit einem Kamel als Freund kann man sicher durch Wüsten wandern und reißende Fluten überwinden. Wenn das kluge Kamel in Wirklichkeit die beste Tante der Welt ist, ga­rantiert das fast schon das schönste Fest im Palast des Sultans von Sultanien. Aber noch mal von vorn: „Aus zwei Welten stammen wir“ ist das Lieblingslied der Zwillinge Fadeya und Taseh, die bei ihrer Mutter Con­stanze (Mozarts Singspiel „Die Entführung aus dem Serail“ lasst grüßen) in einem westlichen Land aufgewachsen sind. Nun wollen sie ihren Vater im fernen Orient kennenlernen. Wie wird er sein: Lieb, stolz, mutig oder doch nicht so großartig? Die flugs gepackten Reisekoffer kommen den Kindern gleich auf dem Marktplatz des Traumlands Sultanien abhanden. Stattdessen gibt’s eine Lampe und einen Teppich, was erst mal nicht so nützlich erscheint, aber unterwegs noch sehr hilfreich wird im Fantasiereich voller überraschender Wunder.
Die Story, in der sich alte Geschichten aus Tausendundeiner Nacht kreuzen mit gegenwärtigen Fantasy-Spielen, stammt von der bekannten Kinderbuch-Autorin Ingeborg von Zadow. Die Musik des 1975 in Israel geborenen Komponisten Avner ­Dorman ist trotz ihres hohen Anspruchs leicht zugänglich. Die Klangsprache der im März 2022 in Dortmund im Rahmen des Kooperationsprojekts „Junge Opern Rhein-Ruhr“ uraufgeführten „Fantastischen Oper in neun Szenen“ ist überwiegend tonal und illustrativ. Das ist von der ­tickenden Uhr am Anfang bis zum rauschenden Fest am Ende eine bezaubernde Märchenmusik mit orientalischen Zwischentönen und fremdartigen Rhythmen. Modern, aber so leicht und munter, dass es sich ohne große Hörerfahrung von selbst erschließt.
Der musikalische Leiter Daniel Johannes Mayr am Pult des fabelhaft aufspielenden Beethoven Orchesters macht die Lust am klingenden Farbenmix zum Ohrenglück für junge und ältere Musiktheaterfreunde. Zu sehen gibt es ohnehin eine Menge. Vor allem die Kostüme und das Bühnenbild von Tatjana Ivschina sind ein Augenschmaus. Allein das kunterbunte Marktgetümmel ist jede Reise wert. Der von Marco Medved einstudierte Opernchor ist ein Highlight in der Inszenierung von Anna ­Drescher. Die junge Regisseurin macht den sprachlichen Witz des Librettos deutlich und erzählt die Abenteuergeschichte sehr spannend mit vielen hübschen Effekten. Fadeya (Ava Gesell) und Taseh (Santiago ­Sánchez) kommen offenbar nicht nur geografisch aus einer anderen Welt, sondern landen auch in einer anderen Zeit und sind nun plötzlich Fremdlinge.
Susanne Blattert als sprechendes Kamel ist da eine wunderbare Hilfe. Die Kinder wissen noch nicht, dass sie die Schwester des Sultans ist. Die Zuschauerinnen und Zuschauer haben aber bereits erfahren, dass es auch noch einen Bruder gibt (der Bariton Carl Rumstadt als böser Onkel und als freundlicher Dschinn), der selbst nach der Sultanswürde strebt. Den gefährlichen Dämon verkörpert ungemein spielfreudig der Bass Pavel Kudinov, der mal aus dem Riesenmaul einer gewaltigen Drachenschlange auftaucht, mal als schwarzer Vogelmann erscheint und schließlich auch als einsamer Sultan berührt. Aus der Wunderlampe vom Markt springt der endlich erlöste Dschinn und erfüllt den Kindern zum Dank drei Wünsche. Vorgebracht von der blitzgescheiten, mutigen Fadeya, die ihrem eher passiven Bruder gern mal zeigt, wo’s lang geht. Der Teppich erweist sich sogar als tolles Fluggerät, mit dem das Mädchen den Jungen aus einem reißenden Fluss rettet. Dann türmt sich plötzlich eine bunt schillernde Wand auf, doch mit einem magischen Kaffee wird auch dieses Problem gelöst.
Alles endet gut. Die Kinder erreichen ihr Ziel, der Sultan ist überglücklich. Und auch sein Bruder, der letztlich schuld ist an der Trennung der Familie, wird in Gnaden wieder aufgenommen im Sultanspalast. „Tante sein, ist das Beste auf der Welt“, erklärt die nun vom Kamel wieder zum Menschen mutierte Schwester des Sultans. Dessen Palast erstrahlt nun im Lichterglanz – einfach märchenhaft. Die vielen Kinder im Publikum klatschten bei der Premiere begeistert mit bei Musik und Tanz zum großen Wiedersehensfest.

Die kurzweilige Aufführung ist ein Vergnügen für jedes Alter und wird empfohlen für Publikum ab acht Jahren. E.E.-K.

Spieldauer ca. 75 Minuten, keine Pause
Die letzten Termine: 4.12. // 26.12.22 // 31.01.23 - 11 Uhr

Sonntag, 01.01.2023

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