Basile, Salvatore: Die wundersame Reise eines verlorenen Gegenstands

Die wundersame Reise eines verlorenen Gegenstands
Foto: Blanvalet

kultur 138 - Juli 2017

Es ist der erste Roman eines nicht mehr jungen Mannes, der als Regisseur und Drehbuchautor arbeitet, ein Bestseller aus Italien, dessen Titel nichts ahnen lässt von dem, was das Buch erzählt.
Ob es sich vielleicht nur um das rote Tagebuch handelt? Aber das ging ja nicht verloren, die Mutter nahm es mit, versprach, es nicht zu lesen, aber sie kam nie wieder. Das Kind, ein kleiner Junge, verstand die Welt nicht mehr, wuchs heran an der Seite des wortkargen alkoholkranken Vaters in totaler Einsamkeit in der abgeschlossenen Welt eines kleinen Bahnhofs in einer italienischen Kleinstadt. EIN Zug verkehrt dort täglich, fährt vom Meer in die Berge und zurück, und eines Tages kehrt das rote Tagebuch in ihm wieder. Der Vater ist tot, Michele erwachsen, ohne Liebe und Vertrauen, verschlossen, verlassen – seine Welt ist der Bahnhof, und er sammelt jeden Abend die vergessenen, zurückgelassenen Gegenstände ein, denen er sich verbunden fu¨hlt. So lernt er Elena kennen, die ihre Puppe vergessen hat, vielmehr die Puppe ihrer Schwester. Sie bricht in Micheles Leben ein, gegen seinen Willen, aber unwiderstehlich, sie weckt ihn auf und verändert ihn und die Welt. Sie schickt ihn auf die Suche nach seiner Mutter und hilft ihm, sie wirklich zu finden. Er kann 20 Jahre seines Lebens aufarbeiten, er lernt, zu verstehen und zu verzeihen, er kann plötzlich fühlen, sogar lieben, er wird ein erwachsener Mann und er sammelt keine verlorenen Gegenstände mehr. Es ist ein sehr emotionaler Roman, man geht langsam mit Michele durch 20 Jahre, und man lässt ihn schließlich gern zuru¨ck an der Hand von Elena und hofft für sie beide auf ein gutes Ende. Still und behutsam wird das erzählt, ohne Action, ohne Sex, aber so wunderbar wie ein Traum, aus dem zu erwachen beinahe schmerzt.













Salvatore Basile
Die wundersame Reise
eines verlorenen
Gegenstands
Aus dem Italienischen
von Elvira Bittner,
Blanvalet, 3/2017,
gebundenes Buch mit Schutzumschlag,
352 S., 19,99 €.

Dienstag, 12.09.2017

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