Prix Pantheon 2016 - kultur 126 - Mai 2016

Auszeichnungen für Gerburg Jahnke, Jan Philipp Zymny und Das Lumpenpack

Am 19. und 20.04. fand im Pantheon der 22. Prix Pantheon statt, der bundesweit bedeutendste Nachwuchswettbewerb im Bereich Kabarett und Comedy.
Am ersten Wettkampftag stiegen zehn Nominierte in den Ring, die von der aus Künstlern und Medienvertretern sowie der Pantheon-Hausherrin Barbara Steimer bestehenden Jury ausgewählt worden waren: der persische Comedian Masud aus Berlin, das Duo Das Lumpenpack (Jonas Mayer und Maximilian Kennel) aus Karlsruhe, der Wuppertaler ­Poetry-Slammer Jan Philipp Zymny, der Bonner Kabarettist (und hauptberufliche Lehrer) Gregor Pallast, die Thüringer Liedermacherin Christin Henkel, der Schweizer Songpoet Roger Stein, der Bremer Poetry-Slammer, Comedian und Kabarettist Moritz Neumeier, die Schweizer Poetry-Slammerin Hazel ­Brugger, der Heppenheimer Kabarettist und Autor Frederic Hormuth und der Kölner Rapper, Poetry-Slammer und Comedian Quichotte. Aufgabe des Publikums (per Stimmzettelwahl)?und der Jury war es an diesem Tag, nach den zehnminütigen Beiträgen der Nominierten die fünf besten Teilnehmer zu bestimmen, die am Finaltag noch einmal im Wettbewerb um den Publikumspreis und den Jurypreis gegeneinander antreten würden.
Diese wichtige Hürde ins Finale nahmen Das Lumpenpack, Roger Stein, Jan Philipp Zymny, Gregor Pallast und Moritz Neumeier.
Dennoch waren auch die Beiträge der im Halbfinale ausgeschiedenen Kandidaten sehr gut. Insgesamt wirkte das künstlerische Niveau höher als in manchen Vorjahren, keiner der Teilnehmer war deutlich schwächer als seine Mitkonkurrenten. Die Sparte Poetry Slam scheint inzwischen als erfolgversprechender Startblock in der Nachwuchs-Szene etabliert zu sein.
Umrahmt von Beiträgen der Ehrengäste Sebastian Pufpaff, Markus Krebs, Barbara Ruscher und Hennes Bender gingen die fünf Finalisten am zweiten Tag mit neuen Kurzprogrammen ins Rennen.
Moritz Neumeier (*1988, Hälfte des ehemaligen Duos Team und Struppi) macht mit sympathischem, leicht norddeutschen Dialekt und humorvollem Ernst auf soziale Missstände und Ungerechtigkeiten und z.B. fragwürdige Umsetzungswege der Inklusion aufmerksam. Was nützt es dem Rollstuhlfahrer, wenn er auch beim Hürdenlauf mitmachen darf? Neumeier macht es sich zur Aufgabe, auch die „Nicht-Zusammenhänge” zu erklären: So nehme z.B. kein Flüchtling jemandem „sein Hartz 4 weg, für das dieser jahrelang nicht gearbeitet habe”.
Jan Philipp Zymny (*1983 in Wuppertal), ein junger Mann von bäriger Gestalt (sein Soloprogramm heißt Bärenkatapult!), bietet skurril-komische Pointen, zu denen er seine Zuhörer z.B. mitnimmt zu einem Zoobesuch, bei dem die Tiere zu traumhaften Fabelwesen mit ungeahnten Fähigkeiten mutieren. Vorgetragen im ruhigsten Gute-Nacht-Geschichten-Tonfall kommen die mit originellen Sprachkreationen befeuerten Pointen umso überraschender zum Durchbruch. Ganz im realen Hier und Jetzt appelliert Zymny zudem an sein Publikum, nicht nur über den Tellerrand hinauszuschauen, sondern noch viel weiter.
Die zwei Jungs vom Lumpenpack bringen mit Musik, Gesang und mit inszenierter Unbeholfenheit präsentierten special effects (wie z.B. Glitzerkonfettiknallbonbons)?jede Menge frischen Wind auf die Bühne. Dass sie mit ihren 21 und 23 Jahren tatsächlich schon zur Generation derer gehören, die auf Partys der „Etablierten“ herumhängen – wo man zwischen Designermöbeln bei Weißwein aus „richtigen“ Gläsern langweilige Gespräche führt – und von den coolen Partys früherer Zeiten träumen, mag man ihnen kaum glauben. Gut nachempfunden und umwerfend komisch sind ihre Lieder dennoch auf jeden Fall!
Gregor Pallast (*1978 in Köln), der erst seit einem Jahr als Kabarettist auftritt und von vielen lokalpatriotischen Fans im Publikum unterstützt wurde, hatte es am ersten Tag ein wenig schwer gehabt, zu überzeugen. Am zweiten Tag meisterte er auch eine unverschuldete Tontechnikpanne souverän und widmete seinen?Auftritt der Hysterie um „gefährliche” Lebensmittel und Zimmerpflanzen und den üblen Kehrseiten der Medienkompetenz, die für das „echte” Leben untauglich machen kann. Die wahre Medienkompetenz sei es, auch ohne Medien leben zu können. Andererenfalls sei künftig mit dem Aufkommen von Brain-Studios zu rechnen, in dem man z.B. lerne, den nächsten Supermarkt auch ohne Navi zu finden...
Roger Stein bot, sich selbst am Flügel begleitend, eine musikalische Erzählung der Lebensgeschichte eines Pferdekenners und -freundes, der den Tieren mehr als den Menschen verbunden ist. Ein ungewöhnliches Thema, poetisch und zum Nachdenken anregend präsentiert. Dass auch aktuelle gesellschaftspolitische Themen zu seinem Repertoire gehören, bewies er aufrüttelnd mit seinem Frühlingsgedicht gegen zeitraubende, schnelles notwendiges Handeln blockierende Regulierungswut.
Die spannende Kleinkunstolympiade wurde von Fatih Çevikkollu moderiert, der im Jahr 2006 selbst mit dem Jury-Preis geehrt wurde. Geschickt gelang es ihm, jeden der Künstler charmant und treffend anzukündigen. Dennoch war sein optischer Auftritt – barfuß in Glitzer-Birkenstock-Latschen zum edlen Anzug – aufsehenerregender als seine Moderationen, bei denen einige Pointen des zweiten Tages Wiederholungen vom Vortag waren.
Aber jetzt:?Zeit für die Siegerehrung!
Außerhalb des Wettkampfes wurde zunächst Gerburg Jahnke mit dem Prix-Pantheon-Ehrenpreis für ihr Lebenswerk ausgezeichnet – nach einer großartigen Laudatio von Wilfried Schmickler, der Jahnkes langjährigen Part im musikalischen Duo Die Misfits, ihre anschließende Solokarriere und ihr Engagement für die Förderung des weiblichen Kabarettnachwuchses reflektierte.
Dem Duo Lumpenpack war es in besonderem Maße gelungen, sich in die Herzen des Publikums zu spielen: ein wohlverdienter Publikumspreis, verliehen vom Pantheon-Hausherrn Rainer Pause.
Mit dem Jurypreis wurde Jan Philipp Zymny geehrt. „Jan Philipp Zymny kann mit Worten zaubern und mit Sätzen jonglieren... Jan ­Philipp Zymny erschafft kleine Sprachkunstwerke”, hieß es in der von Jury-Mitglied Susanne Petzold vorgetragenen Laudatio.
Einen Sonderpreis der kultur-Redaktion hätten wir zudem gerne an Roger Stein verliehen! J.S.

Im WDR5-Hörfunk wird das Halbfinale am 1.05. um 20:05 gesendet, das Finale am 5.05. um 20:05 Uhr.

Donnerstag, 25.08.2016

Zurück

Merkliste

Veranstaltung

Momentan befinden sich keine Einträge in Ihrer Merkliste.


Letzte Aktualisierung: 25.04.2024 21:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn