Der Pantoffel-Panther - Contra-Kreis-Theater

Der Pantoffelpanther
Foto: Contra-Kreis-Theater
Der Pantoffelpanther
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Luftiges Vergnügen



„Dann öffnet sich die Seele wie eine Blüte, und die Sorgen fliegen ins Blaue wie ein schöner Schmetterling.“ Behauptet notorisch nervend Freund Rüdiger, wenn er nicht gerade zur Beruhigung Luftpolsterfolie knackt. Der Mann ist nämlich Psychologe und hat folglich nicht nur einen Knacks. Von dem Zeug könnte Hasso bald ein paar Quadratmeter brauchen angesichts des Wahnsinns, der sein friedliches Dasein erschüttert.
Dabei sollte das Leben im Ruhestand nur traumhaft werden. Röschen – Lieblingssong „Volare nel blu“ – strahlt bei dem Gedanken an Kreuzfahrten, Inselparadiese und champagnerselige Abende. Schließlich ist sie seit Jahrzehnten verheiratet mit einem tollen, erfolgreichen, wohlhabenden Mann. Der hat ein anständiges Vermögen verdient als Exklusiv-Vertreter feinster italienischer Leder­pantoffeln. Leider sind die edlen Hausschuhe nicht mehr gefragt, die mühsam angesparte Alterssicherung fiel windigen Anlageberatern zum Opfer. Pantoffel-Held Hasso ist pleite. Was er als notorischer Gentleman seiner Angetrauten jedoch tapfer verschwiegen hat. Eine Alltagstragödie, die im Contra-Kreis jedoch flugs zu einer Komödie voller irrsinniger Überraschungen mutiert, die bei der restlos ausverkauften Premiere einen Beifallssturm entfachte.
Der Auftritt von Kabarett-Grandseigneur Jochen Busse im bizarren Hähnchenkostüm ist nur einer der herrlich durchgeknallten Einfälle, die das dramaturgisch virtuose Autoren-Duo Lars Albaum und Dietmar Jacobs (letzterer ist übrigens promovierter Philologe und war Erfinder der legendären Sitcom Das Amt mit Busse in der Hauptrolle) dem munteren Ensemble auf den Leib geschrieben hat. Für die mit atemberaubendem Tempo prasselnden Pointen sorgt Regisseur Horst Johanning, der jetzt zum vierten Mal ein Stück der beiden Sprachspieler in seinem Bonner Theater zur Uraufführung gebracht hat. Angeblich sichere Renten oder Renditen, Crystal Meth in grünen Aktentaschen, helvetische Fußballwunder und Wellness zwischen Troisdorf und Eifel: Nichts ist sicher vor der unverschämten Spottlust des blitzgescheiten Teams.
Als Fels in der Brandung zwischen Gerichtsvollzieher, Knast und heißer Kohle behauptet Jochen Busse eiserne Haltung. Selbst als weit unter Mindestlohn bezahlter Werbeträger am Baumarktgrill bleibt er ein begnadeter Wort-Feinschmecker, der keinen Witz anbrennen lässt. Marlon Brandos Don Corleone hat er ebenfalls drauf, wenn die Situation echt brenzlig wird. Denn der plötzlich hereingeschneite Italiener Luigi hat’s nicht so mit Absätzen und Einlagen. Dafür aber einen Auftrag für den Panther, der heimlich in einer kleinbürgerlichen Bonner Wohnung haust (Bühnenbild: Tom Grasshof) und mit Bügelfalten-Gesicht den Biedermann gibt. Das mächtige Mammut, Konkurrent im Drogengeschäft von Luigis ehrenwerter Familie, soll verschwinden. Marko Pustišek ganz in Schwarz (Kostüme: Anja Saafan) spielt den coolen Mafia-Typen geradezu kriminell perfekt. Aber – „Porca Madonna!“ – ein waschechter sizilianischer Cosa-Nostra-Vertreter tut nichts ohne seine Mamma.
Was sich in einer absurden Volte trifft mit dem tiefsitzenden Mutterkomplex von Hassos Freund Rüdiger. René Toussaint ist als tollpatschiger Seelenklempner ein komödiantischer Schatz. Zusammen mit Busse gibt er ein Amateurkiller-Duo, dem keine Waffe standhält. Zumal in der bleihaltigen Luft die zierliche Billie Zöckler als naiv blinzelndes Rös­chen zwischen Shopping-Orgien die Küchenmesser für den Festbraten wetzt („Hasso hat’s gern ein bisschen blutig“), was Luigi auf eine ordentlich zerlegte Leiche hoffen lässt. Dass der junge Dekorateur Milan (köstlich: Raphael Grosch) exzellenten Stoff verkauft, könnte ein Indiz dafür sein, dass die 93-jährige Nachbarin wie Oma auf Crack rumläuft.
Hassos junge Kollegin Babsi (entzückend: Mia Geese, Enkelin von Contra-Kreis-Gründerin Katinka Hoffmann und im Jungen Theater Bonn mehrfach aufgetreten) hat eher Probleme mit dem Geruch von Grillhühnern. Als tolerantes Mädel aber wirklich keins mit Herren in Unterhosen – alles bleibt hier brav über der Gürtellinie. Auf Boxer-Shorts mit Schlümpfen (Rüdiger) oder Pinocchio-Mus­ter (Luigi) kommen sowieso nur Mütter, die ihre Söhne keiner Frau in die Arme treiben wollen. Was mit dem Mammut geschah, verraten wir natürlich nicht. Nur dass es einem am Ende des köstlichen Italo-Boulevard-Krimis vor lauter Lachen glatt die Puschen auszieht. Ein fabelhaftes Training für Zwerchfell und Kopf. E.E.-K.

Spieldauer ca. 2 ½ StD. inkl. einer Pause
die Nächsten Termine :
täglich ausser montags bis 15. Mai

Donnerstag, 07.07.2016

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