Fünf Freunde - Junges Theater - kultur 119 - Oktober 2015

Fünf Freunde auf der Felseninsel
Foto: Junges Theater Bonn
Fünf Freunde auf der Felseninsel
Foto: Junges Theater Bonn

Tolle Zeit am Meer



George erinnert sich. Schon als sie noch ein kleines Mädchen war, wollten merkwürdige Typen ihre Insel kaufen. Ihre Felseninsel, wo damals eine wunderbare Freundschaft begann. Damit begann 1942 auch die Geschichte der „Famous Five“, die die britische Schriftstellerin Enid Blyton zur meist gelesenen Kinderbuchautorin der Welt machten. Unzählige Abenteuer der Fünf Freunde folgten, Hörspielfassungen, Verfilmungen, TV-Serien. Mehrere Generationen wuchsen mit den Fünf-Freunde-Geschichten auf.
Intendant Moritz Seibert bettet in seiner Bühnenbearbeitung der ersten Geschichte, die 1953 unter dem deutschen Titel Fünf Freunde erforschen die Schatzinsel erschien, das Geschehen in eine Rahmenhandlung ein. Die alte George, wunderbar gespielt von der bald 79-jährigen Giselheid Hoensch, berichtet dem Immobilienhai Mr. Peters (Bernard Niemeyer) von den tollen Ferien damals. Die Vergangenheit wird so zu einer doppelten Gegenwart: der im Rückblick erzählten und der dramatischen Jetztzeit. Das drehbare hohe Holzgerüst von Bühnenbildner­ ­Laurentiu Tuturuga imaginiert alle Schauplätze von der wellenumtosten Felseninsel und dem geheimnisvollen Schiffswrack bis zum einsamen Haus am Meer, in dem George mit ihren Eltern lebt.
So richtig klasse finden die Geschwister Julian, Richard und Anne es nicht, dass sie dort den Sommer verbringen sollen. Der leicht verschrobene Onkel Quentin (sympathisch introvertiert: Jan Hermann) ist mit seinen wissenschaftlichen Forschungen beschäftigt, Tante Fanny (mütterlich liebenswürdig: Andrea Brunetti) sorgt für den bescheidenen Haushalt. Cousine Georgina möchte George genannt werden und nimmt die Stadtkinder recht kratzbürstig in Empfang. Seibert stellt in seiner Inszenierung diese Figur ins Zentrum, die sich den Konventionen widersetzt und damit auch Blytons klischeebehaftete Romanwelt unterläuft. George, fabelhaft sensibel verkörpert von Louise Buhl (alternierend mit Tamina Friedrich, beide Jahrgang 2002, beide waren schon als Pünktchen in der JTB-Erfolgsproduktion Pünktchen und Anton zu erleben) möchte ein Junge sein. Julian (Gustavo Maia Jochim / Benedikt Lewalter, beide Jahrgang 2001 und ebenfalls erfahrene Theatertalente) akzeptiert das ganz einfach: „Du bist ein cooler Cousin.“ Die Sprache der jungen Akteure ist heutig, ihre Welt bleibt jedoch so zeitlos wie die wieder mal jede Gestalt perfekt charakterisierenden Kostüme von Ausstattungsleiterin Brigitte Winter.
Ein echter Sonnyboy ist Richard (Oscar Kafsack / Victor Abs, beide Jahrgang 2003 und zum ersten Mal in großen Rollen am JTB zu sehen). Ohne dessen Mut wäre die Sache mit dem Goldschatz auf dem Schiff von Georges Urahn nicht so gut gelaufen. Ohne die Intelligenz der kleinen Anne (kindlich kokett: Maxine Bender / Lily Spiegel, beide sind JTB-Debütantinnen) aber auch nicht. Und schon gar nicht ohne den tapferen Ozeanschwimmer Alfio (Josia Vantroyen / David Tereschin), der nicht nur die Polizei (Sandra Kernenbach, auf männliche Nebenrollen außer ihrer Funktion als Regieassistentin am JTB spezialisiert) im entscheidenden Moment herbeiholt. Zudem hütet er heimlich Tim, den George manchmal für den einzigen Menschen hält, der sie versteht. Tim ist ein „cooler“ Hund, liebenswürdig ohne jede Starallüren verkörpert von Svenja. Das kluge weibliche Tier, 2005 als Promenadenmischung in Griechenland geboren und im JTB unter der Obhut des Bühnentechnikers Karl Lienkamp (zusammen mit Bernard Niemeyer gibt er die kriminellen Gegner der Kinder) herangewachsen, ist als fünfter Freund ein echter Schatz: Unaufgeregt kommentiert Tim auf leisen Pfoten alle Umtriebe. Unaufdringlich ist auch die Musik des bekannten Bühnenkomponisten Serge Weber, die als emotionale Tonkulisse mit raffinierten Klangeffekten Hintergrundfarben in die Story mischt. Ein paar berührende Sekunden lang ist Julian dann doch der pubertierende Troubadour, der Georginas George-Panzer mit einem zärtlichen Song angreift.
Romantisch sentimentale Rückschau ist ansonsten nicht angesagt. Sicher ist nur, das old Boy-Girl George ihre/seine Insel für kein Geld der Welt verkaufen würde. Das ist so schön, dass das Publikum das neue Stück sofort ins Herz schloss und die Uraufführung mit stürmischem Beifall belohnte. E.E.-K.
Empfohlen für Theaterfreunde ab 8 Jahren.

Spieldauer ca. 2 Stunden, eine Pause

Donnerstag, 15.10.2015

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