Philipp Weber - kultur 112 - Janaur 2015

Das richtige Katermaß
– Philipp Weber über Durst, Genuss und Dopamin

„Alkohol ist der schnellste und einfachste Weg, um glücklicher zu werden“, erklärt Philipp Weber. Kein Witz: Trinken macht froh. Stichwort Dopamin. Dieses Hormon wird durch Alkoholgenuss ausgeschüttet und sorgt zumindest erst mal für gute Laune. Klingt hervorragend – wären da nicht die Nebenwirkungen von Deutschlands Volksdroge Nummer 1. Mit der kennt Weber sich bestens aus. Der Chemiker und Biologe setzt sich in seinem aktuellen Kabarett-Programm Durst mit den beiden Seiten des bacchischen Genusses auseinander. „Ich will auf humorvolle Weise darüber aufklären, wie Alkohol wirkt, und damit für die Gefahren sensibilisieren“, sagt er im Interview, „allerdings ohne zu moralisieren. Ganz im Gegenteil: Der Rausch kann auch etwas Erhabenes haben. Aber man sollte sich bewusst sein, was man tut.“

Seit nunmehr 15 Jahren steht Weber als Kabarettist auf deutschen Bühnen, seit 2010 greift er dabei auf sein naturwissenschaftliches Studium zurück und schafft Einblicke in die Welt der Lebensmittel. „Ich möchte den Menschen vor Augen führen, was sie sich täglich in den Mund stopfen“, sagt er. Vom vermeintlichen Gütesiegel „Bio“, das man durchaus skeptisch sehen kann, über fehlende Kochkenntnisse bis hin zum verloren gegangenen Genuss des Mammutragouts zieht sich der rote Faden in Webers Schaffen. Doch das ist für den 40-Jährigen nur der Ansatzpunkt, um auch gesellschaftskritisch oder politisch zu werden. „Futter“ und „Durst“ lauten die Titel seiner letzten beiden Programme, die der Unterfranke nicht als einfaches Infotainment verstanden wissen will. „Ich rede immer über mehr“, betont er. Etwa über Flaschen. „Den meisten Deutschen ist einfach nicht klar, dass jedes Jahr eine Milliarde Liter Erdöl zur Herstellung unserer Plas­tikflaschen verwendet wird“, prangert er an. „Oder was in Burkina Faso mit dem Wasser passiert. Oder in Israel: Dort ist alles, was ins Schwarze Meer reinläuft, letztlich Sickerwasser von israelischen Feldern, während die Palästinenser auf dem Trockenen sitzen.“ Der Krieg ums Wasser, hierzulande noch immer ein dystopisches Element, wird geopolitisch schon längst geführt.

Insofern ist der Programmtitel auch symbolisch zu verstehen: „Durst impliziert Begierde“, sagt Weber. „Es hat immer etwas Drängendes, etwas, dem man kaum widerstehen kann.“ Zu wenig trinken ist bekanntermaßen nicht gesund, auch wenn sich immer die Frage stellt, was man zu sich nimmt. Kaffee? „Für eine gute Tasse braucht man 140 Liter Wasser“, rechnet Weber vor. Nektar? Muss nur 5 Prozent Frucht enthalten, ist also Quatsch. Dann am besten Sprudel? „Kann man machen – aber mir persönlich reicht Leitungswasser, hier in Deutschland ist die Qualität in der Regel top“, so der Chemiker. Oder, und so schließt sich der Kreis zum Alkohol, ab und zu mal ein Gläschen Wein. „Ich bin ein leidenschaftlicher Genussmensch“, gesteht Weber. „Ich bin sogar der Meinung, dass man auch mal zu viel trinken darf, dann aber am besten gemeinsam. Wie bei den Bacchanalien im antiken Rom oder beim Karneval.“ Trotz des drohenden Katers? „Aber ja. Man sollte ohnehin nicht sein ganzes Leben lang vor dem vermeintlichen Raubtier davonlaufen. Der Kater ist wichtig. Ohne ihn gibt es keine Reue, ohne Reue keine Maßhaltung.“

Doch was ist, wenn der Suff zur Sucht wird? „Das ist ja das Hauptthema meines Programms“, erklärt Weber. „Ich spiele darin einen Typen,
der sich fragt, ob er ein Alkoholproblem hat. Eine einfache Antwort gibt es nicht. Außerdem sollte man sich auch mal die Frage stellen, was der Grund dafür sein könnte, dass man sein Glück auf dem Boden einer Flasche sucht.“ Eine genetische Disposition – oder vielleicht doch sozialer Druck? „Es gibt Untersuchungen, nach denen jene am ehesten Alkoholiker werden, die viel mit Menschen zu tun haben“, sagt Weber. Dazu gehören auch Kabarettisten. „Stimmt. Und Politiker.“ Da wäre ein Berufswechsel ja ohne weiteres möglich. „Aber sicher“, lacht Weber. „Ich könnte mir sogar durchaus vorstellen, Minis­ter für Verbraucherschutz zu werden.“ Die Qualifikationen bringt er immerhin mit. Und ein biss­chen Humor würde der Politik auch ab und zu ganz gut tun.

Donnerstag, 05.02.2015

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