My Ladies Rock - Tanzgastspiel Compagnie Jean-Claude Gallotta - Oper Bonn - kultur 165 - April 2020

Fulminantes Tanzgastspiel aus Frankreich

Anfang Januar 2018 feierte die Compagnie Jean-Claude Gallotta im Bonner Opernhaus die Deutschland-Premiere ihres Stücks My Rock. Der sehr persönliche Rückblick des Choreografen Gallotta (*1950) auf die befreiende Kraft der Rockmusik begeisterte das Publikum auf diversen internationalen Tourneen. Nun kehrte die Truppe, die abseits der Metropolen in Grenoble residiert, am 1. März zurück mit der 2017 uraufgeführten Tanzrevue My Ladies Rock. Das rund 75-minütige Werk erzählt im Grunde die gleiche Geschichte wie My Rock, nur mit einem Perspektivwechsel zur weiblichen Seite der Bewegung. Der Rock war felsenfest männlich dominiert, Frauen kamen bestenfalls als ­Background-Sängerinnen oder Groupies vor. Bis ­Wanda Jackson selbstbewusst die Bühne betrat und Elvis Presley ernsthaft Konkurrenz machte. Plötzlich waren Künstlerinnen zu erleben, die laut oder leise poetisch, exzentrisch oder rebellisch, politisch aufbegehrend, mitunter radikal bis zur Selbstzerstörung, ihre Rechte auf eigenständige Wahrnehmung beanspruchten.
Gallotta beschwört die Hits eines halben Jahrhunderts herauf mit temperamentvoll getanzten Duetten, Trios und Ensemble-Nummern. Gendergrenzen oder verschiedene Hautfarben spielen keine Rolle mehr. Da erscheint in einer berührenden Szene das Rock-Wunderkind Brenda Lee, genannt „Little Miss ­Dynamite“. Aretha Franklin und Janis Joplin werden herbeizitiert, die wilde Betty Davis („The Black Panther Woman“), die eigenwillige Patti Smith und die legendäre Marianne Faithfull, zu deren „Sister Morphine“ ein sensibler Pas de deux psychische Abgründe öffnet.
Natürlich darf in dem vielseitigen Panoptikum der Rock-Ladies der Superstar Tina Turner nicht fehlen, aber auch Post-Punk-Ikone Nina Hagen und weniger prominente Künstlerinnen kommen vor. Imitiert werden sie von den elf hervorragenden Tänzerinnen und Tänzern nicht, die mit ihrem raffiniert zwischen Tempo und intimen Momenten changierenden heutigen Bewegungsvokabular den Aufbruchsgeist weitertragen. Gallotta selbst hat seine nachdenklichen Kommentare zu der Show eingesprochen – in Bonn mit eingeblendeten deutschen Übersetzungen versehen von Literaturhaus-Chefin ­Almuth Voß. Am Schluss steht ein deutliches Plädoyer für den Feminismus. Stehende Ovationen im ausverkauften Opernhaus für Gallotta und seine fabelhafte Compagnie nach einer höchst unterhaltsamen Vorstellung.

Das nächste Highlight des internationalen Tanzes ist vorgesehen am 27. Mai. Das Ballett am Rhein Düsseldorf Duisburg ­gastiert dann mit herausragenden Choreografien von Martin Schläpfer und William Forsythe.

Eigentlich wollten wir an dieser Stelle auch schon eine kurze Vorschau auf die geplanten Tanzgastspiele der kommenden Saison geben. Wir holen das nach, wenn die aktuelle Situation sich wieder entspannt hat.
E.E.-K.

Donnerstag, 07.05.2020

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