Viele Grüße, Deine Giraffe - Schauspielhaus (Foyer) - kultur 160 - November 2019

Viele Grüße, Deine Giraffe
Foto: Thilo Beu
Viele Grüße, Deine Giraffe
Foto: Thilo Beu

Freundschaft über alle Grenzen
Ob man über den eigenen Horizont hinausblicken kann, fragt sich die Giraffe. Mit ihrem langen Hals ist sie für Weitblick ganz gut gerüstet. Aber was ist eigentlich ein Hals? Der Pinguin muss erst mal darüber nachdenken

Ob man über den eigenen Horizont hinausblicken kann, fragt sich die Giraffe. Mit ihrem langen Hals ist sie für Weitblick ganz gut gerüstet. Aber was ist eigentlich ein Hals? Der Pinguin muss erst mal darüber nachdenken und findet dabei wenig Hilfe bei seinem verehrten Lehrer Professor Wal. Wie die Fragen überhaupt aufkamen? Die Antwort liefert das Kinderbuch Viele Grüße, Deine Giraffe der japanischen Schriftstellerin ­Migumi Iwasa. 2017 wurde sie dafür mit dem Leipziger Lesekompass ausgezeichnet und 2018 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis. Die Uraufführung der poetischen Erzählung kam nun auf der kleinen Bühne im Foyer des Schauspielhauses Bonn heraus.
Es ist ein fast klassischer Briefroman für Leseanfänger. Die Inszenierung von Nadine Schwitter, die am Theater Bonn schon mehrfach arbeitete, macht das Geschriebene sicht- und hörbar – auch für die Generation der Smartphone-Wischer, die nur noch elektronische Postfächer kennen. Die Giraffe hat in der trockenen afrikanischen Savanne offenbar noch kein Internet. Blätter von hohen Bäumen knabbern, ab und zu blöde Zebras und Antilopen vor Hyänen warnen – das Leben könnte aufregender sein, wenn man mehr von der Welt hinter dem Horizont wüsste. Ihr Freund Pelikan langweilt sich auch und fungiert gern als fliegender Postbote. Für die Briefzustellung am Kap der Wale muss indes die Robbe einspringen. Aber Giraffes Brief kommt heil an bei Pinguin. Der untersucht gerade, warum das Wasser im Meer blau ist, in seinem Eimer jedoch nicht. Aber hinter seinen heimatlichen Eisbergen könnte so vieles ganz anders sein.

Till Nachtmann und Stefan Silies (Bühne und Kostüme) lassen die verschiedenen Welten der neugierigen Tiere mit einfachen Theatermitteln bezaubernd lebendig werden. Die Giraffe ernährt sich vegan, der Pelikan mag gern frischen Fisch zum Frühstück. Möglichst ohne all den fiesen Plastikmüll, der die Ozeane ruiniert. Die ökologische Botschaft ist jedoch eher Nebensache in der spielerischen Entwicklung einer Brieffreundschaft, die einfach begreifen möchte, wie das Anderssein funktioniert.
Nadine Schwitter selbst verkörpert die Giraffe mit geflecktem Schal, die rückwärts rollende Robbe mit Schlafsackflossen und den weisen Wal. Ungemein beweglich gibt der junge Gustav Schmidt (Mitglied des ­festen Bonner Schauspiel-Ensembles) den munteren Post-Pelikan und den wissbegierigen Pinguin. Dessen winzige Flügel taugen für interkontinentale Reisen eher nicht, schwimmen und laufen kann er aber fabelhaft. Okay: Wenn er nicht nach Südafrika kommen kann, wird die Giraffe ihren neuen Freund halt in arktischen Gefilden besuchen. Verkleidet als Pinguin, was nicht so ganz klappt. Aber sehr schön zeigt, dass Annäherungen ein stabiles Selbstbewusstsein verlangen. Vielleicht sogar echt geschriebene Briefe (hier als asiatisch anmutende Papierrollen, bei deren Öffnung leise ­Glockenspiele erklingen), mit denen mehr zu sagen ist als durch die üblichen Mailfluten.

Die schöne Botschaft: Andersartiges macht den Reichtum unserer Welt aus, und Freundschaft gepaart mit Fantasie kann Grenzen überwinden. Überzeugter Premierenbeifall.
Empfohlen für Publikum ab fünf Jahren. E.E.-K.

Spieldauer ca. 1 Stunde, keine Pause
Die nächsten Vorstellungen:
10.11. // 1.12. // 15.12. // 23.12.19

Mittwoch, 01.01.2020

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