Im Weißen Rössl - Malentes Theater Palast - kultur 152 - Januar 2019

Im weißen Rössl
Foto: Stefan Mager
Im weißen Rössl
Foto: Stefan Mager

Operettenglück in Malentes Theaterpalast

Zur Premiere waren einige Gäste sogar stilecht im Dirndl oder Lederhosen erschienen. Denn Malentes Theaterpalast hat sich in St. Wolfgang im Salzkammergut verwandelt, wo man bekanntlich gut lustig sein kann. Eine mit vielen Details liebevoll ironisch ausgestattete Postkartenidylle mit Alpenpanorama (Bühnenbild: Anja Kleinhans). Sogar ein Ausflugsdampfer lässt sich blicken. In der hinreißenden Inszenierung von Hardy Rudolz wird der ganze Raum bespielt. Rudolz hat sich nicht nur als Starsolist in zahlreichen Musicals international einen Namen gemacht, sondern in den letzten Jahren zunehmend auch als einfallsreicher Regisseur großer Werke des unterhaltenden Musiktheaters. Jeder weiß, dass das Leichte besonders schwer ist. Hier gelingt es mit einer fabelhaften Crew vorzüglich, auch dank der herrlich witzigen Choreografie von Marc Bollmeyer.
Im weißen Rössl des Komponisten Ralph Benatzky, uraufgeführt 1930 in Berlin, ist ein brillantes Lustspiel, voller Situationskomik mit einer kräftigen Prise Herzschmerz und natürlich den unsterblichen Schmachtfetzen, in denen die ganze Welt himmelblau erscheint. Selbst beim legendären Salzburger Schnürlregen, dem die Urlauber am Wolfgangsee mit einem munteren Regenschirm-Ballett trotzen. Selbstverständlich muss das Liebeslied ein Wiener Walzer sein, auch wenn der Berliner Unterhosenfabrikant ­Giesecke (köstlich grantig: Jan-Christoph Kick) mit einer österreichischen Speisekarte massive Probleme hat und viel lieber im vertrauten Ahlbeck an der Ostsee die Sommerfrische genösse. Doch sein ­aufgeweck­tes Töchterchen Ottilie (reizend: die junge Sopranistin Tabea Tatan) wollte halt in den Süden.
Zahlkellner Leopold hat alle Hände voll zu tun mit der schwierigen Kundschaft. Sein „Nur hübsch gemütlich!“ fruchtet da nicht viel. Dirk Vossberg-Vanmarcke spielt und singt die Rolle glänzend. Und wenn er nach der schnöden Kündigung mitten im runden Zuschauerraum sein „Zuschaun kann i net“ schmettert, muss eigentlich jedes Herz dahinschmelzen. Doch seine innig geliebte Chefin Josepha hat nur Augen für ihren ­Lieb­lings-Stammgast Dr. Siedler (mit elegantem Tenor: Robert-David Marx). Knut Vanmarcke verkörpert bravourös die resolute blonde Rössl-Wirtin im feschen Dirndl. Das ist hier keine Travestie-Nummer, sondern ein hintergründig amüsanter Inszenierungs-Coup.
Dass der Jurist Siedler Gieseckes Erzkonkurrenten Sülzheimer vertritt, hindert ihn keineswegs an einem tiefen Blick in Ottilies blaue Augen. Sülzheimers Sprössling Sigismund (Björn Schäffer), der für seine Schönheit wirklich nichts kann, verfällt dem unwiderstehlich lispelnden Klärchen (Glenna Weber), deren Papa Professor Hinzelmann (Hans B. Goetzfried) sich Bildungsreisen buchstäblich vom Munde absparen muss. Ein unbedingt sehenswertes Vergnügen ist das erfrischende Bad im Wolfgangsee. Bevor alle ins unvermeidliche Liebesglück taumeln, bedarf es jedoch noch des Kaisers persönlich. Bei solch hohem Besuch muss Josepha den charmanten Leopold doch flugs wieder einstellen, assistiert von dem pfiffigen Piccolo Gustl (Adrian Burri).
Walter Ullrich (Intendant des Kleinen Theaters Bad Godesberg und ­Mitentde­cker der „Familie Malente“) alterniert in der Rolle des jovialen Herrschers mit Springmaus-Urgestein Bill Mockridge. Aus Ullrichs Mund klingt das kaiserlich-menschliche „‘s ist einmal im Leben so, allen geht es ebenso, was man möcht‘ so gern, ist so fern“ plötzlich gar nicht mehr banal, sondern nach tiefer Lebensweisheit. Josepha wird also Leopold auf Lebenszeit als Ehemann engagieren. Die beiden Hauptdarsteller und Unternehmensleiter des neuen privaten Etablissements sind im wirklichen Leben übrigens längst verheiratet.
„Es war sehr schön. Es hat mich sehr gefreut“, murmelt versonnen der alte Monarch. In Malentes wunderschönem Theaterpalast (ein liebevoll restauriertes belgisches Spiegelzelt) steht das Glück derweil nicht mehr bloß vor der Tür. Das „Weiße Rössl“ mit diesem hervorragenden großen Ensemble ist ein intelligenter Operettenspaß. Die flotte jazzige Musik (eingespielt vom Sinfonieorchester Karlsruhe) kommt vom Band; alles andere ist live und in Farbe. Ein passendes gastronomisches Angebot rundet das Vergnügen ab. Wer Lust hat, darf nach den Vorstellungen noch bei einem Glas grüner Veltliner verweilen und träumen von der heilen Singspiel-Welt, die schon in der Entstehungszeit der beliebten musikalischen Komödie ein verlorener Sehnsuchtsort war. Das liebenswürdig aufpolierte „Weiße Rössl“ ging mit Premierenbeifalls-Ovationen an den Start und hat das Zeug zum Publikumsrenner. E.E.-K.
Spieldauer ca. 2 ½ Stunden, inkl. Pause
Die nächsten Vorstellungen:
Mittwochs bis sonntags bis zum 28.02.19

Mittwoch, 30.01.2019

Zurück

TERMINE

Momentan können wir Ihnen leider keine Termine anbieten.

Merkliste

Veranstaltung

Momentan befinden sich keine Einträge in Ihrer Merkliste.


Letzte Aktualisierung: 20.04.2024 14:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn