Charleys Tante - Contra-Kreis-Theater - kultur 152 - Januar 2019

Charleys Tante
Foto: Contra-Kreis-Theater
Charleys Tante
Foto: Contra-Kreis-Theater

Herrlicher Theaterspaß

Die Studenten Jack und Charly verfügen über einen hübschen Garten mit gepflegten Rosenhecken (Einheits-Bühnenbild: Reinhard Kempf) und sogar über einen eigenen Gärtner. Verknallt sind sie in Amy und Kitty, im Verfassen von Liebesbriefen aber noch ziemlich unsicher. Einfach ein Date vereinbaren, geht gar nicht. Zu einem Treffen zwischen anständigen jungen Damen und Herren gehört zwingend eine Anstandsdame. Idealerweise Charleys wohlhabende Tante aus Brasilien, die überraschend ihren Besuch angekündigt hat.
Regisseur Jan Bodinus verlagert die bekannte Geschichte um Charleys Tante (der beliebte Schwank von Brandon Thomas wurde 1892 in London uraufgeführt) in die zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Man besitzt schon Telefon und Grammophon, hegt jedoch keinen Zweifel daran, dass eine Einladung zum Lunch unweigerlich zur Ehe führen muss. Natürlich verspätet sich Donna Lucias Zug. Das gehört zum festen Fahrplan dieser Mutter aller Travestiekomödien. Glücklicherweise gibt es in Großbritannien eine schöne Tradition der Shakespeare-Pflege durch Amateurgruppen. Gärtner Brassett freut sich also auf seine erste Probe beim „Oxford Drama Club“: in der Rolle der Julia, was eher auf eine Seniorenversion der Tragödie schließen lässt. Mit koketter Blume auf dem schütteren grauen Zottelhaar und schwarzen Netzstrümpfen (Kostüme: Silke von Patay und Anja Saafan) entspricht er nicht ganz der Vorstellung von einer blutjungen Veroneser Adelstochter, aber für eine südamerikanische Millionärin taugt das Ganze schon.
Der bekannte Kabarettist Kalle Pohl spielt den in Charleys Tante verwandelten Brassett, der zunehmend Spaß an seiner Aufgabe findet. Nun gut: Es bedarf schon einigen mehr oder minder hochprozentigen Einflusses, bis die ‚Tante‘ zu großer Form aufläuft und sogar mit Gitarre zum flotten ‚Samba Brazil‘ animiert. Die ahnungslos kichernden Mädels sind von der unkonventionellen Anstandsdame jedenfalls bald fast noch hingerissener als von ihren etwas steifen Lovern. Das Schöne an der Inszenierung: Es geht nicht nur um schenkelklopfenden Geschlechtertausch, sondern um einen gesellschaftlichen Underdog, der unversehens in den höheren Kreisen benötigt wird und seine neue Macht selbstbewusst genießt. Auf die zierlichen Gartenstühle darf er sich nicht setzen, nur auf den Katzentisch-Hocker. Gut: Dann eben gleich die kuscheligen Bänke ...
Angesichts von Pohls robust-sensibler Typen-Gestaltung hat der Rest es nicht leicht. Felix Bold als arroganter ‚Elitestudent‘ Jack und David Imper als schüchterner Charley behaupten sich freilich tapfer. Olja Artes (Kitty) und Christine Last (Amy) in reizenden Charleston-Kleidern machen sehr ansehnliche Figur in der turbulenten Farce. Kay Szacknys als Jacks leider insolventer Papa Sir Francis in Tropenuniform hat in der indischen Wüste die zackigen einsilbigen Reime („Black/Jack“) nicht vergessen, kann aber auch recht eloquent per Heiratsantrag um Tantchens Vermögen flehen.
Wie es die Komödiengesetze vorschreiben, muss die echte Tante irgendwann auftauchen und tut das auch, elegant verkörpert von Reinhild ­Köhncke. Diese Donna Lucia kennt nicht nur das legendäre Opernhaus von Manaus im brasilianischen Regenwald, sondern hat auch noch antikoloniale Pfeile und ein altes Liebesgeheimnis im Koffer. Und natürlich das nötige Geld, um den Jungs den Rest ihres Studiums und die bevorstehenden drei Hochzeiten zu finanzieren. Gärtner Brassett darf sich immerhin auf eine mehr als solide Gehaltserhöhung freuen. Überzeugter Premierenbeifall für die amüsante Produktion voller praller Pointen, die im Sommer schon erfolgreich bei den Schlossfestspielen Neersen lief.
E.E.-K.

Spieldauer ca. 2 Stunden, inkl. Pause
Die nächsten Vorstellungen:
täglich außer montags (und 1.01.) bis zum 17.02.19

Mittwoch, 30.01.2019

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