Lili Marleen – Ein Lied geht um die Welt - kultur 151 - Dezember 2018

Lili Marleen – Ein Lied geht um die Welt
Foto: Kleines Theater Bonn
Lili Marleen – Ein Lied geht um die Welt
Foto: Kleines Theater Bonn

Ein Lied geht um die Welt

Sie war die kühle Blonde aus dem Norden: Liese-Lotte Helene Berta Bunnenberg, 1905 geboren in Bremerhaven, berühmt geworden unter dem Künstlernamen Lale Andersen. Zum Weltstar avanciert mit dem Soldatenlied Lili Marleen, der ersten millionenfach verkauften deutschen Schallplatte. Der Sängerin, die als Mädchen unter der Laterne vor der Kaserne unsterblich wurde, widmete das Kleine Theater Bad Godesberg nun eine kleine biografische Revue. Die Lale Andersen Story, verfasst von Stefan Krause und inszeniert von Bettina Montazem, lässt viele Wegbegleiter der Künstlerin wieder auferstehen. Im Vorspann trat per Video Prinzipal Walter Ullrich selbst auf und erinnerte ­daran, dass manche – wie beispielsweise Brigitte Mira – einst auch in seinem Theater zu erleben waren.
Die junge Musicaldarstellerin Nicole Eckenigk verkörperte tapfer die ehrgeizige Seemannstochter, die mit 17 den zehn Jahre älteren Maler Paul Ernst Wilke heiratete, drei Kinder zur Welt brachte und aus der kleinbürgerlichen Enge nach Berlin floh. Eckenigk hat zwar nicht die nach Teer und Tang klingende Stimme der Andersen, berührte aber mit dem Sehnsuchtsschlager Ein Schiff wird kommen und machte auch gute Figur als Jenny aus Brecht/Weills Mahagonny oder mit dem amerikanischen Song Cheek to Cheek von Irving Berlin.
Mit flotten Szenen- und Gewandwechseln (reizende Kostüme: Lea Johanna Montazem) rückte die Aufführung vor allem die 1930er Jahre und den Zweiten Weltkrieg in den Fokus: Stationen an Kabaretts und renommierten Schauspielhäusern in Berlin, München, Heidelberg und insbesondere Zürich (alles hübsch illustriert mit eingeblendeten historischen Städte-Fotos), wo Andersen den jungen jüdischen Komponisten Rolf Liebermann (später Opern-Intendant in Hamburg und Paris) kennen und lieben lernte. 1941 wurde Lili Marleen in ihrer Interpretation eher zufällig vom deutschen Soldatensender Belgrad erstmals ausgestrahlt und ein Welthit. Nazi-Schikanen, Nutzung der prominenten Künstlerin für Propagandazwecke – alles wurde brav aufgereiht und zuweilen keck gemixt mit Gedichten von Tucholsky und anderen Zeitgenossen, am Klavier sorgfältig begleitet von Berthold Matschat. Viele schöne kleine Charak­terstudien lieferten Isabell Hemming (alles Weibliche von der robusten Trude Hesterberg bis zur zierlichen Valeska Gert), Carlos Garcia Piedra (unter anderem als Max Reinhardt, Dramaturg Hirschfeld und ­Ministerial­direktor Hinkel) und das unbeholfene Nachwuchstalent Tillmann Depping (u.a. als Liebermann).
Die rund zweistündige Produktion, die in Bonn ihre Uraufführung feierte, war eigentlich in anderer Regie mit einem Profi-Cast geplant. Daraus wurde ein charmantes Gastspiel des freien Kölner Ensembles Phönix unter der Leitung von Bettina Montazem, die zeitweise als Nachfolgerin von Ullrich im Gespräch war. Das ist glücklicherweise längst zu den kulturpolitischen Akten gelegt. Leider arbeitet die Stadtverwaltung weiter an soliden Hindernissen für die beiden Bewerber, die das Kleine Theater gern trotz der Streichung der kommunalen Zuschüsse ab Sommer 2019 weiterführen möchten. Wir können nur hoffen, dass es bald eine Entscheidung gibt. E.E.-K.

Lili Marleen lief nur bis zum 18.11.18,
läuft aber im April noch einige Male in Neuwied.

Dienstag, 22.01.2019

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