Gastspiel Béjart Ballet Lausanne - Oper Bonn - kultur 151 - Dezember 2018

Hommage an eine Tanzlegende

Wie schwierig es sein kann, das Erbe einer prägenden Künstlerpersönlichkeit weiter zu pflegen, trotzdem nicht museal zu wirken und ein eigenständiges Repertoire neu aufzubauen, zeigt das Beispiel Wuppertal. In Lausanne ist das Experiment gelungen. Es war sicher ein Glücksfall, dass Maurice Béjart selbst vor seinem Tod 2007 seinen Startänzer und Stellvertreter Gil Roman zu seinem Nachfolger bestimmte. Er hat zum 90. Geburtstag, zehnten Todestag und zum 30-jährigen Bestehen der Compagnie einen zweiteiligen Abend zu Ehren des Meisters kreiert, der das Bonner Publikum in zwei Vorstellungen in helle Begeisterung versetzte.
T ’M et variations hat Roman selbst als eine Art Liebesbrief an den großen Choreografen bezeichnet. Es ist vor allem eine rund 60-minütige Liebeserklärung an den Tanz und das großartige Ensemble, das zweifellos zur Weltspitzenklasse gehört. Die Tänzerinnen und Tänzer entfalten auf der Spitze oder barfuß eine hinreißende Folge von vielschichtigen kleinen Szenen, die oft auch ironisch um den Tanz selbst kreisen. Sehr witzig ist z.B. eine Passage, in der die Frauen in rosa Kitteln jeweils einen Spitzenschuh auf dem Kopf tragen und ihn auch munter auf ihren Armen tanzen lassen.
Den Soundtrack dazu liefert Filmmusik von Nick Cave und Warren Ellis. Hinzu kommt live das Duo Citypercussion (Thierry Hochstätter und jB Meier) auf einem imposanten Schlagzeugpodest. Beeindruckend ist das präzise Zusammenspiel zwischen Klängen und Bewegungen, besonders spannend der Einsatz eines Scribophons, auf dem einer Schreibgeräusche produziert. Choreografie beim Wort genommen als grafische Notation, aber eben auch ein ganz persönlicher kalligrafischer Brief.
Etliche Werke des unglaublich reichen Schaffens von Béjart wurden nicht oder schlecht aufgezeichnet. Aus Videos und dem speziellen Bewegungsgedächtnis von Tänzern hat Roman für den zweiten Teil einige Choreografien rekonstruiert. Béjart fête Maurice beginnt mit Beethovens erster Sinfonie und endet nach rund 70 Minuten mit der neunten. Dazwischen gibt es ein Kaleidoskop von virtuos präsentierten Szenen. Da gibt es das pathetische Heliogabale, das fernöstlich inspirierte Bhakti III, das amüsante Duett Im chambre séparée, das fröhliche Rossiniana und schließlich das große Finale, in dem sich die ganze große Compagnie noch einmal hinter der unentbehrlichen Ballett-Trainingsstange zusammenfindet. Ein Tanzhighlight, das kaum noch zu toppen ist und mit entsprechendem Beifall gefeiert wurde. E.E.-K.

Dienstag, 22.01.2019

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