Fott es fott – Die Bonn-Revue - Contra-Kreis-Theater- kultur 149 - Oktober 2018

fott es fott
Foto: Contra-Kreis-Theater
fott es fott
Foto: Contra-Kreis-Theater

Lauter nette Narren

Bis zum Aschermittwoch ist es zwar noch eine Weile hin, aber Karneval geht zu jeder Jahreszeit. In Bonn sowieso, wo man gern schon im Frühherbst mit Kamelle um sich wirft, bis die Haushaltseichhörnchen auf die verlausten Kastanien hüpfen oder schwimmen lernen. Wat fott es, es fott lautet Artikel 4 des Rheinischen Grundgesetzes. Folglich trauert man der Vergangenheit nicht nach, sondern genießt die Gegenwart. „Bonn bleibt Bonn“ ist das Motto der heiteren Bonn-Revue von Stephan Ohm, die am 6. September im ausverkauften Contra-Kreis-Theater ihre umjubelte Uraufführung erlebte. Das 1950 gegründete und seit 1966 in seinen heutigen Räumen residierende älteste Bonner Privattheater gehört nämlich zu Bonn wie die Universität und die Jecken. Keine Sorge also: fott es fott hat mit Bonnopoly-Schlammschlachten nichts zu tun und streift die bekannten Skandale nur flüchtig.
Der Bonner Komponist und Autor Ohm (Regie und musikalische Leitung) hat alles hübsch ­ver­­packt­ in eine TV-Quiz-Show. Geleitet von dem holländischen Moderator Piet van Groningen, perfekt gespielt von Leon van Leeuwenberg. Der Musicalstar ist seit What a Feeling! quasi Stammgast bei den musikalischen Produktionen im Contra-Kreis. Weil die Deutschen niederländische Moderatoren (unparteiisch und vor allem weder aus Westfalen noch Berlin) lieben, gibt es also „Pünkte“ für richtige Antworten oder sonstige Zugaben. Manche Fragen sind durchaus knifflig wie die nach den Schimpfwörtern, die Herbert Wehner für welche Politiker benutzte. Oder welcher Gipfel nicht zum Siebengebirge gehört. Heimat- und Geschichtskundige dürfen mitraten, wobei bei der Premiere ein „Fritz“ aus dem Publikum recht bald wieder auf seinen Zuschauerplatz zurückkehren durfte. Auf solch dramaturgisches Sparpotenzial kommt’s aber kaum noch an bei der insgesamt gelungenen Komödie.
Im pfiffigen Bühnenbild von Tom Grasshof wechselt der Blick vom Fernsehstudio regelmäßig hinter die Kulissen, wo sich die kleinen privaten Dramen abspielen, die das Showgeschäft erst prickelnd machen. Ein echtes Ereignis ist dabei die bodenständige Beueler Kneipenwirtin Erika Küppers. Ina Harder, als ehemalige Wäscherprinzessin, Bonna und derzeitige Obermöhn reichlich bühnenerfahren, gibt in der Rolle ihr Contra-Kreis-Debüt. Mit einem solchen Karnevals-Profi ist bönnsche Herzenslust fast schon garantiert. Wer mit weiblicher List erfolgreich Rathäuser stürmt, muss sich vor keinen weltbedeutenden Brettern fürchten.
Wobei ihr ein höchst animiertes Ensemble zur Seite steht. Allen voran Gunhilde von Papen, distinguierte Reiterhofbesitzerin bei Hannover und mit dem rheinischen Idiom anfangs auf Kriegsfuß. Das ändert sich schlagartig, wenn in dieser Rolle der fabelhafte Musical-Profi Barbara Köhler die Brings-Hymne Superjeilezick anstimmt und das Publikum in ­Mit­sing­laune bringt. Raphael Grosch als Influencer Sven Svensson (viele Tausend Follower) muss man trotz Selfi-Manie einfach liken. Zumal die Show eine Superchallenge ist nach all dem Abchillen beim voll krassen Jurastudium. Immerhin kann er damit Piets reizender Assistentin Trixi ganz easy helfen. Maja Sikora verkörpert mit Modelfigur im silbernen Fummel (Kostüme: Anja Saafan) mit eingefrorenem Blondinenlächeln und überzeugender stimmlicher Präsenz nämlich auch noch eine osteuropäische Irrläuferin ohne gültigen Pass.
Der Bonner Rotlichtbezirk kommt ebenso vor wie Out-, In- und Upcoming, Römer, Kaiser, Fürsten, Pleitegeier und Revoluzzer. Beethoven sowieso.
Wer in der UN-Stadt die Eingeborenen oder Einwohner von Trizonesien sind, ist beim internationalen Schunkeln völlig egal. Eine Diskussion über die Quallweibchen-Quote bei Inas delikaten Quallmännchen in der „Rheinbrücke“ wäre eventuell noch zu bedenken. „Bonn to be wild“ heißt jedoch die heitere Zukunftshymne. Rockig, witzig und gnadenlos schmerzfrei.
„Jeck im Sunnesching“ war gestern, aber zur Überbrückung aller herbstlichen Melancholie gibt es (zur Not auch für unsere Kölner Freunde und alle anderen Rheinländer inkl. Sieganrainer) nun in Bonn einen tollen Theaterspaß. E.E.-K.

Spieldauer ca. 2½ Stunden, inkl. Pause
Die nächsten Vorstellungen:
tägl. außer montags bis zum 4.11.18

Donnerstag, 17.01.2019

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