Die weiße Fürstin - Theater Die Pathologie - kultur 147 - Juni 2018

Die weiße Fürstin
Foto: Theater Die Pathologie
Die weiße Fürstin
Foto: Theater Die Pathologie

Musikalisch-poetischer Versuch

Die schöne Frau im langen weißen Kleid mit den hochgesteckten schwarzen Haaren scheint mit offenen Augen zu träumen. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts in einer Villa am Meer hat Rilke sein 1909 erschienenes Dramenfragment angesiedelt. Es ist trotz Szenenanweisungen und Figurenrede kein Theaterstück, sondern ein dramatisches Gedicht in gereimten jambischen Versen. Die Schauspielerin Maren Pfeiffer und der Bonner Komponist Konstantin ­Gockel haben den Text auf einen Monolog reduziert, nur ab und zu mischt sich der väterliche Haushofmeister mit der Stimme von Martin Maria Vogel vom Band ein. Der Fürst ist fort, zum ersten Mal nach der Hochzeit vor elf Jahren. „Aus Kindern werden Königinnen“, erklärt die einsame weiße Fürstin. Lange Zeit hat sie gewartet auf das Glück und die Erfüllung ihrer Sehnsucht nach dem fernen Geliebten. Pfeiffer spielt wie weltverloren die Frau, die längst weiß, dass ihr Verlangen einem Toten gilt und dass das Leben an ihr vorbeigezogen ist.
Rilkes pathetische Sprache duftet süßlich schwer nach Vergänglichkeit. Dagegen setzt Gockel mit seiner Geige manchmal wie Meeresrauschen flirrende, manchmal schmerzhaft dissonante Klänge. Ab und zu scheint eine Melodie auf, vergeht aber sofort in der Zerrissenheit zwischen Angst und Hoffnung. Gelegentlich laufen Musik und Text eigenständig nebeneinander her, manchmal liegt das Gesprochene über der Tonfläche. Es ist die klassische Form des Melodrams, das zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts eine neue Blüte erlebte. Ein interessantes Experiment für Kenner. E.E.-K.

Spieldauer ca. 45 Minuten, keine Pause
Die nächste Vorstellung: 10.06.18

Dienstag, 15.01.2019

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