Geliebte Schwester - Theater Die Pathologie - kultur 147 - Juni 2018

Jane und Cassandra

Zum 200. Todestag von Jane Austen brachte die Bank von England einen neuen Zehnpfund-Schein heraus. Als Vorlage für das Porträt auf sepiafarbenem Grund diente eine kolorierte Bleistiftskizze ihrer älteren Schwester Cassandra. Es ist das einzige gesicherte Bild, das von der berühmten Schriftstellerin überliefert ist, die all ihre Werke unter dem Pseudonym „by a lady“ veröffentlichte. Jane war ungefähr 35, als Cassandra sie 1810 zeichnete und hatte noch kein Buch publiziert. Ein bezauberndes Doppelporträt zweier junger Frauen auf einer Rasenbank von John Hoppner aus dem Jahr 1795 zeigt gewiss nicht die Austen-Schwestern, inspirierte aber wohl die Inszenierung im Theater die Pathologie.
Die Schauspielerin Anne Scherliess hat vor allem aus den wenigen erhaltenen Briefen der beiden britischen Pfarrerstöchter ein ganz eigenes Doppelporträt herausgefiltert. Ganz in Weiß treten die beiden jungen Frauen auf, die zeitlebens unverheiratet blieben. In der Regie von Johannes Prill spielt Scherliess die quirlige Jane, die mit scharfem Blick ihr gesellschaftliches Umfeld beobachtet und das Verhalten des Bürgertums und Landadels mit Vergnügen geistreich karikiert. Eine konventionelle Versorgungsehe ist dem selbstbewussten Mädchen zuwider, das vom Leben Sinn und Sinnlichkeit verlangt.
Als „fast hübsch“ bezeichnet die strenge Cassandra, überzeugend verkörpert von Maren Pfeiffer, ihre geliebte Schwester. Gefasst erträgt sie den Tod ihres Verlobten und weitere Schicksalsschläge, malt Aquarelle und bleibt ohne „Stolz und Vorurteil“ im Schatten ihrer mit 41 Jahren verstorbenen prominenten Schwester. Gegen alle romantischen Klischees entsteht (begleitet von kleinen Musik-Einspielungen von Edward Elgar) ein reizvolles Bild von zwei Frauen, die ihrer Zeit vorausdachten. „Nach allem erkläre ich, dass es keine größere Freude gibt als das Lesen“ behauptet Jane. Das steht sogar auf dem neuen britischen Geldschein. „Aber wenn ein Buch gut geschrieben ist, dann finde ich es immer zu kurz.“ Kurz ist auch die neue Begegnung mit den beiden sehr unterschiedlichen Schwestern. E.E.-K.

Spieldauer ca. 45 Minuten, keine Pause
Die nächste Vorstellung: 3.06.18

Dienstag, 15.01.2019

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