Christoph Scheeben - kultur 144 - März 2018

Christoph Scheeben
Foto: Christoph Scheeben
Christoph Scheeben
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Komische Klassik und klassische Komik - Christoph Scheeben wandelt mühelos zwischen Kabarett und ernstem Gesang

von Thomas Kölsch
Immer diese Ernsthaftigkeit. Diese uralte Differenzierung zwischen Humor und Anspruch, die eigentlich nie zeitgemäß war und dennoch vor allem in der Musik immer noch in den Köpfen mancher Leute präsent ist. Darüber kann Christoph Scheeben nur den Kopf schütteln. Und es besser machen. Immerhin versteht es der Kölner Bariton meis­terhaft, Kabarett und klassischen Gesang unter einen Hut zu kriegen und sich in der Kölner oder auch der Essener Philharmonie ebenso wohl zu fühlen wie im Haus der Springmaus. Auch wenn das nicht immer alle glauben wollen. „Einmal hatte ich ein Engagement für die Johannes-Passion, und irgendwann rief mich der Konzert-Veranstalter an und sagte, er hätte im Internet gesehen, dass ich auch Kabarett mache. Ob ich dann denn überhaupt den Jesus singen könne.“ Scheeben lacht. „Da musste ich mich schon zusammenreißen. Natürlich geht das. Ich kann beides sogar ganz wunderbar miteinander vereinen. Das Leben ist doch so unglaublich reich an Gefühlen, warum sollte das in der Kunst anders sein?“
Seit 2006 ist Scheeben Mitglied des Ensembles @rheinkabarett, mit dem er derzeit in den Proben zu der Ärzte-Comedy Skalpell der Leidenschaft steckt. Gleichzeitig singt er Bach und Mendelssohn-Bartholdy, schmettert Wagner-Arien in einer auf zwei Sänger und eine Stunde heruntergekürzten Fassung des „Rings“ und geht zusammen mit Chor und Orchester des WDR auf musikalische Krimi-Reisen. „Ich liebe diese Vielseitigkeit“, sagt er. „Ich brauche sie sogar. Wenn ich vor einem großen Auftritt in der Philharmonie oder einer großen Kirche stehe, reiße ich auch gerne mal einen Witz nach dem anderen und mache die Menschen um mich herum beinahe wahnsinnig – aber dann geht es raus und ich bin voll konzentriert. Ich weiß, dass ich ab diesem Moment das Publikum berühren muss mit der Geschichte, die ich singe und spiele.“ Die Komik also als Lockerungsübung? „Nein, es ist mehr als das. Ich bekomme in diesen Konzerten auch unglaublich viel Energie mit, und die muss ich irgendwie ableiten.“ Zum Beispiel in die Springmaus. „Genau. Gleichzeitig nehme ich von da sehr viel Gelassenheit mit. In einem berühmten Lehrbuch für Sänger steht ganz am Anfang der schöne Satz 'Es kommt nicht so drauf an'. Denn Singen solle in erster Linie Spaß machen. Und ehrlich sein. Wenn ich etwas zu erzählen habe und das vermitteln kann, ist es zweitrangig, ob jeder einzelne Ton sitzt. In der Arbeit mit Andreas Etienne, Cosima Seitz und Michael Müller merke ich immer wieder, wie wichtig das ist. Auch für die Klassik.“
Genau diese entspannte Haltung hat Scheeben überhaupt erst in die Springmaus gebracht. „Im Studium habe ich irgendwann damit angefangen, alte Schlager zu singen. Daraus entstanden schließlich die Cöllner Canzonisten, mit denen wir so ziemlich sämtliche Stile mischten und persiflierten. Mit diesem Ensemble war ich dann auch im Haus der Springmaus, habe darüber Andreas kennengelernt und bin schließlich beim @rheinkabarett gelandet.“ Hier kann Scheeben jene Seite ausleben, die er von seinem Vater geerbt hat. „Meine Familie war nicht sonderlich musikalisch, mit dem Klavierspielen habe ich daher auch recht spät angefangen. Aber Humor war immer wichtig. Mein Vater liebte Heinz Erhardt und Wilhelm Busch, mit deren Texten bin ich aufgewachsen.“ Und mit der Liebe zur Klassik, die Scheeben immer hatte. „Schon als Vierjähriger wusste ich ganz genau, wo im Radio diese Musik gespielt wurde. Und als ich acht Jahre alt war, brachten mir Bekannte meiner Eltern eine Platte mit der G-Moll-Sinfonie von Mozart mit. Ich weiß noch genau, wie ich vor der Stereoanlage stand und staunte, weil die Musik für mich so war, als würde gerade der Himmel aufgehen.“ Ein Erweckungserlebnis also. „Eigentlich mag ich so spirituelle Assoziationen ja nicht, aber letztlich stimmt es“, gesteht Scheeben. „Ich finde es immer wieder erstaunlich, was Klänge und Schwingungen in unseren Körpern entstehen lassen.“ Ehrfurcht ebenso wie Lachen. „Ja. Gerade als Sänger versteht man, wie das alles zusammenhängt. Nicht umsonst gilt die Sprechstimme oft als Ausdruck des Intellekts – und die Singstimme als Ausdruck der Emotion.“

Donnerstag, 06.12.2018

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