Gastspiel Ballett am Rhein Düsseldorf/Duisburg in der Oper Bonn: Obelisco / Konzert für Orchester - kultur 142 - Januar 2018

Studien über das Tanzen


Internationale Tanz-Highlights gibt es auch in der Nachbarschaft. Das bewies das Gastspiel des Balletts am Rhein Düsseldorf/Duisburg mit zwei Arbeiten seines Chefchoreografen Martin Schläpfer. Obelisco ist eine Folge von sieben Szenen, die sich mit der Suche nach der Mitte befassen. Der Titel ist inspiriert von dem Stück „Il tempo con l’obelisco“ des italienischen Komponisten Salvatore Sciarrino (*1947), das in der zweiten Szene erklingt. Es geht dabei um die Energie, die sich aus der Reduktion der Bewegungen entwickelt. Ein extremer Kontrast zur ers­ten Szene, wo drei Paare auf robusten Plateaustiefeln wie moderne Nomaden unterwegs sind. Ganz zart dann das melancholische weibliche Solo zu Schuberts „Du bist die Ruh“, gefolgt von einem Scarlatti-Prestissimo, bei dem eine Frau zwischen zwei Männern atemberaubend hin und her gewirbelt wird.
Purer Schmerz dagegen das berührende Solo der grandiosen Tänzerin Marlúcia Amara. Fast sieben Minuten auf der Spitze überschreiten die Grenzen des körperlich Möglichen. Wenn die Ballerina einmal ihre schmerzenden Zehen entlastet, tut sie es auf abgeknickten Fußkanten, was die Qual kaum mildert. Es wirkt wie ein sehnsüchtiger Abgesang auf die mühsam erarbeitete, flüchtige Schwerelosigkeit des klassischen Balletts. Mit düsteren Gedanken endet Obelisco freilich nicht, sondern mit einem ironisch operettenseligen Gang auf High Heels ins „Chambre séparée“.
Nach der Pause folgte Schläpfers 2016 uraufgeführte Choreografie zu ­Witold Lutoslawskis Konzert für Orchester. Trotz aller populären Anklänge ist das 1954 uraufgeführte dreisätzige Werk alles andere als gefällig. Barfuß in schlichten farbigen Kostümen tanzt hier das ganze große Ensemble, teilt sich in Gruppen, die wie Streetgangs aufeinanderprallen, und wird schließlich von einem lachenden Dämon bezwungen, der sie wie Marionetten zappeln lässt.
Begeisterter Beifall im ausverkauften Opernhaus für die hervorragende Company und den persönlich anwesenden Martin Schläpfer. E.E.-K.

Dienstag, 13.02.2018

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