Löcher - Das Geheimnis von Green Lake - Junges Theater Bonn - kultur 138 - Juli 2017

Löcher - Das Geheimnis von Green Lake
Foto: actorsphotography
Löcher - Das Geheimnis von Green Lake
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Spannende Geschichte von einem
alten Fluch und neuer Freundschaft



Wenn nicht einst sein Ururgroßvater aus Lettland in die USA ausgewandert wäre, ohne Madame Zeroni für sein Schwein zu danken, wäre alles nicht passiert. Mit den Worten „Wenn, ja wenn“ beginnt das alte Lied, das der vierzehnjährige Stanley Yelnats (der Familienname ist die Umkehrung seines Vornamens, was man sich merken sollte für die nicht ganz unkomplizierte Geschichte) als Kind gern hörte. Stanley ist ein echter Pechvogel. Von seiner Schulklasse wird er gemobbt, und dann fällt ihm auch noch ein ­eklig stinkendes Paar Turnschuhe auf den Kopf. Leider gehörten die einem berühmten Baseballstar und waren für eine Wohltätigkeits-Auktion vorgesehen. Stanley steht also plötzlich als Dieb vor Gericht und hat die Wahl zwischen Jugendknast und Camp Green Lake. Letzteres klingt besser und irgendwie nach den Ferien, die seine Eltern ihm nie ermöglichen konnten.
Leider gibt es keinen grünen See in dem texanischen Jugendstraflager. Nur höllische Hitze, Durst und harten Sand, in den die Jungs täglich tiefe Löcher graben müssen, was ihrer Charakterbildung dienen soll. Unter der Aufsicht des eigentlich ganz netten Mr. Pendanski, genannt Mum, und des ziemlich brutalen Mr. Sir. Die jungen Mitgefangenen gehen nicht gerade zimperlich mit dem Neuling um. Empathie ist nicht angesagt bei coolen Typen wie X-Ray, Magnet, Torpedo und Deo, die hier zu nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft gedrillt werden sollen.
Für den gutmütigen Stanley ist das soweit schon okay, aber irgendwie hat es was zu tun mit einem uralten Fluch, der seinen Vorfahren ereilte, diesen „Taugenichts und Schweinedieb“.
Moritz Seiberts Inszenierung (Regie und Bühnenbild) von Löcher – Das Geheimnis von Green Lake nach dem 1998 erschienenen Erfolgsroman des US-amerikanischen Autors Louis Sachar überlässt viele Verzweigungen der weit in die Vergangenheit reichenden Geschichte der Vorstellungskraft der Zuschauer. Ein paar Holzpodeste genügen für die karge Wüste und die anstrengende Schaufelei im tiefen Untergrund. Ein schlichter Turnschuh kann auch ein Schweinchen sein oder als Handwerkszeug fungieren im Kampf mit den feindlichen Elementen. Die zehn jungen Darsteller (alle Jugendrollen sind doppelt besetzt, insgesamt sind also zwanzig beteiligt – alle namentlich zu nennen, ist hier leider nicht möglich) bilden ein ungemein bewegliches und emotional bewegendes Team. Oscar Kafsack (alternierend mit Gustavo Maia-Jochim) als Stanley springt vom szenischen Spiel flott in die Erzählung. Ilkay Pfaff (alternierend mit Jari Suppert) gibt den kleinen Zero, der mehr Zahlen als Buchstaben beherrscht und abhaut, weil der Tod immer noch besser ist als ein Lochleben.
Die dramatische Flucht der beiden Freunde endet jedoch gut, weil eine tüchtige Anwältin (Giselheid Hönsch) vor keinem Klapperschlangennest zurückschreckt. Eine Dea ex machina ist auch dringend nötig, wenn der fiese Boss (Andrea Brunetti) mit hochgiftigem Nagellack hantiert. Aus dem erwachsenen Profi-Ensemble glänzen außerdem noch Jan Herrmann und Thomas Kahle in verschiedenen Rollen. Eine wichtige Rolle spielen neben den fantasievollen Kostümen von Brigitte Winter noch ein Lippenstift der legendären Banditin Kissing Kate, saftige Zwiebeln, gelbgefleckte Eidechsen, ein Boot, ein Schatzkoffer und der Kochtopf von Stanleys lange erfolglosem Vater (Jan Herrmann), der inzwischen das endgültige Mittel gegen übelriechenden Fußschweiß erfunden hat. Dass es deshalb wieder regnet über Green Lake, würden wir nicht direkt beschwören. Nur die Theatermagie, die auch das Unwahrscheinlichste ermöglicht. Wenn ein tolles Bühnenteam die manchmal auch verdammt komische Geschichte mit so viel lakonischem Witz und spielerischer Energie vorstellt. Begeisterter Premierenbeifall. E.E.-K.
Spieldauer ca. 2 ¼ Stunden inkl. Pause
Die nächsten Vorstellungen:
6.07. ? 7.07.17 ? 7.11./ 29.11.17
Empfohlen für Publikum ab 12 Jahren.

Dienstag, 12.09.2017

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