Wunderland (Uraufführung) - Oper Bonn (Probebühne 1) - kultur 133 - Februar 2017

Wunderland
Foto: Lilian Szokody/www.szokody.de
Wunderland
Foto: Lilian Szokody/www.szokody.de

Die Macht der Fantasie



Großes wird klein und Kleines groß in dem Wunderland, in das die neugierige Alice dem weißen Kaninchen gefolgt ist, das es stets furchtbar eilig hat. Durch den Kaninchenbau fällt sie weit, weit hinunter in einen Raum, wo ihr höchst seltsame Gestalten begegnen. Ein verrück­ter Hutmacher zum Beispiel, eine rauchende Raupe, eine lis­pelnde Maus oder die merkwürdige Grinsekatze. An Bühnenbearbeitungen, Vertonungen und Verfilmungen des Kinderbuch-Klassikers Alice im Wunderland mangelt es gewiss nicht. Auf der Probebühne 1 im Bonner Opernhaus ist jetzt eine neue musikalische Version zu erleben.
Riesige Spielkarten bestimmen das Bühnenbild von Ausstatterin Janina Mendroch. Aus Spielkarten scheint auch die Podesterie für die vier Musiker gebaut zu sein, die in dem intimen Raum Teil der Inszenierung von Thomas Hollaender sind. Das neue Werk des Komponisten Anno Schreier (*1979 in Aachen und längst ein höchst angesehener Musikdramatiker) ist klein besetzt. Hans-Joachim Büsching (Klarinette), Maren Rabien (Kontrabass), Camillo Anderwaldt (Schlagzeug) – Mitglieder des Beethoven Orchesters Bonn – und Eva Zöllner (Akkordeon) begleiten unter der musikalischen Leitung von Ekaterina Klewitz mit sichtlichem Vergnügen ­Alices Abenteuer. Die Instrumente illustrieren reizvoll das aufregende Geschehen (Text: Alexander Jansen); die Musik ist jedoch durchaus komplex und stellt hohe Anforderungen an die Solisten und an die jungen Ohren des Publikums. Es gibt Anklänge an romantische Lieder, aber auch ein melancholisches Walross mit Country-Blues.
Entzückend verkörpert die junge Sopranistin Marie Heeschen (seit dieser Spielzeit fest in Bonn engagiert und u.a. die Musetta in La Bohème) die Titelrolle. Staunend betrachtet sie alle kuriosen Wesen und auch ihre eigenen Verwandlungen. Plötzlich schrumpft ­Alice zu einem Püppchen, ein neuer Zauber macht sie überlebensgroß, so dass ihr Kopf fast bis zum Bühnenhimmel reicht. Aus ihren blauen Stofftränen wird ein ganzer See, und auch sonst passiert eine Menge im Reich der Fantasie. Die beliebte Bonner Mezzosopranis­tin Anjara I. Bartz saust als Kaninchen herum und hat einen witzigen Auftritt als schnurrende Katze. Der junge Bariton Fabio Lesuisse macht als skurriler Hutmacher ebenso viel Vergnügen wie als auf einem Fliegenpilz ho­ckende giftgrüne Raupe.
„Seit diesem goldnen Nachmittag ist zu das Tor zur Kindheit“, klagt das Trio am Schluss. Der Schlüssel ist jedoch nicht verloren. Es ist die Macht der Fantasie. „Wunderland“ ist auch eine Geschichte vom Erwachsenwerden. Das musikalisch-poetische Märchen macht Groß und Klein Vergnügen. E.E.-K.

Spieldauer 1 Stunde, keine Pause
Empfohlen für Publikum ab 9 Jahren.
Für die weiteren Aufführungen am 26.04. ? 29.04. ? 27.05. ? 10.06. ? 15.06.17 gibt es nur noch Restkarten


Unser Tipp: Marie Heeschen ist in der Reihe „Erlebnis neue Musik“ am 19. Februar im Theater im Ballsaal in einer Konzertperformance zu erleben. Aufgeführt werden die „Kafka-Fragmente“ für Sopran und Violine von György Kurtág.

Donnerstag, 13.04.2017

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