Elisabeth Einecke-Klövekorn trifft Bettina Mönch

Bettina Mönch in "Der kleine Horrorladen", Theater Bonn
Foto: Thilo Beu
Bettina Mönch in "Der kleine Horrorladen", Theater Bonn
Foto: Thilo Beu

Evita, Audrey und ein „Operetten-Frosch“

Am Abend nach unserem Gespräch wird sie wieder in der Bonner Oper als Evita auf der Bühne stehen. Am nächsten Morgen muss sie gleich wieder zurückfliegen nach Wien. Denn dort hat sie abends im Ronacher-Theater ihre Evita-Premiere als schillernde argentinische Präsidentengattin in Andrew Lloyd Webbers Musical. Also im selben Stück, aber einer anderen Interpretation. Die Inszenierung des Hollywood-Star-Regisseurs und -Choreografen Vincent Paterson steht schon seit März 2016 auf dem Programm des renommierten Hauses. Ab dem 15. Oktober spielt Bettina Mönch dort sechsmal pro Woche die Titelrolle. Sofern es ihr voller Terminkalender zulässt und sie nicht gerade in Bonn oder an der Wiener Volksoper spielt.
Denn in Wien ist sie aktuell auch als Film-Diva Gloria Mills zu erleben in Ralph Benatzkys 1936 uraufgeführter, fast vergessener Operette Axel an der Himmelstür, die die junge Zarah Leander zum Weltstar machte. Premiere der von Kritik und Publikum begeistert gefeierten Neu-Produktion in der Regie von Peter Lund war am 19. September 2016, also gut zwei Wochen nach dem Bonner Evita-Start. Die raffinierte Schwarz-Weiß-Kinoästhetik der Inszenierung und das hervorragende Darsteller-Team überzeugten auch die Jury des neuen Operetten-Preises des Bayerischen Rundfunks, der damit den subversiven Geist und den künstlerischen Wert dieses Musiktheater-Genres aus dem engen Traditions-Korsett befreien und fürs 21. Jahrhundert wachküssen möchte. Den 9. „Frosch“ (klar: Dahinter steckt die unverwüstliche Fledermaus) erhielt kürzlich die erfrischend geistreiche Wiener Aufführung von Axel an der Himmelstür. Worüber Bettina Mönch sich außerordentlich freut. Es ist nicht ihre erste Operette - das lispelnde Klärchen in Benatzkys beliebtem Weißem Rössl sang sie bereits von 2012 bis 2014 am Münchner Gärtnerplatz-Theater und an der Oper Graz.
Aufgewachsen ist die Künstlerin in Landsberg am Lech nahe bei München. Ihre Eltern waren Naturwissenschaftler. „Meine Mutter war theaterbegeistert und nahm mich gern mit bei ihren Ausflügen in die bayerische Hauptstadt. Schon merkwürdig: Mein allererstes Theater-Erlebnis mit fünf Jahren war Evita im Deutschen Theater München. Fasziniert war ich damals vor allem von der Musik und den tollen Kostümen und dachte nicht mal im Traum daran, dass ich knapp drei Jahrzehnte später die Titelrolle übernehmen würde.“ Tatsächlich sogar noch früher, denn ihr Evita-Debüt gab sie 2014 in Graz in der Regie von Marcel Keller. Dort auf Englisch; in Bonn und Wien wird auf Deutsch agiert.
„Diese sehr verschiedenen Inszenierungen zu spielen, ist eine große Herausforderung. Ich gehe vor der Vorstellung in der Garderobe die Show im Kopf mit dem Klavierauszug durch und stelle mich auf die jeweiligen unterschiedlichen Choreografien, Gesangseinsätze und Regieanweisungen ein. In Wien spielen wir mit großem Orchester, in Bonn die Version mit einer Rock­band. Allein das ist jedes Mal eine Umstellung, auf die man sich regelrecht umprogrammieren muss.“
Harte Arbeit gehört zum Job, bevor man mit viel Glück in die Spitzenklasse des Musical-Betriebs aufsteigt. Die Initialzündung bei der 11-jährigen Bettina Mönch war eine Schultheater-Aufführung von Jesus Christ Superstar. Zu der mit 6 Jahren begonnenen klassischen Ballett-Ausbildung kamen Jazz- und Stepptanzunterricht, Dance-Übungen, die Mitwirkung in verschiedenen Chören und einer Rockband und schließlich nach dem Abitur einer der heiß begehrten Studienplätze am Wiener Konservatorium. Bereits während ihrer mit Auszeichnung abgeschlossenen akademischen Ausbildung wurde sie u.a. an der Wiener Kammeroper engagiert und bekam danach ihr erstes großes Engagement als Amneris in Elton Johns Musical-Hit Aida, dessen deutsche Erstaufführung 2003 am Essener Colosseum-Theater herauskam. Bettina Mönch tourte mit der Produktion ungefähr zweieinhalb Jahre durch etliche Städte in Deutschland, Österreich und der Schweiz, darunter 4 Monate en Suite am Berliner Theater des Wes­tens. 2007 war sie nach diversen vorhergehenden Auszeichnungen erste Preisträgerin im deutschen Bundeswettbewerb Gesang mit Schwerpunkt Musical.
Mit ihren weiteren Glanzrollen könnte man mittlerweile viele kultur-Seiten füllen. Zu ihren Lieblingsfiguren zählt sie die Fatine in Les Miserables, die sie 2013 bei den Domfestspielen Magdeburg verkörperte. Ihre erste tragische Frauenrolle, nachdem sie zeitweise als Spezialis­tin für Comedy-Figuren galt – beispielsweise als Riesenschlange Kaa im Musical Dschungelbuch.
In Bonn vorgestellt hat Bettina Mönch sich 2015 als großartige Audrey im Kleinen Horrorladen. Mit 178 cm Größe kein kleines Girlie und privat mit keckem Kurzhaarschnitt auch nicht gerade tauglich für Blondinen-Klischees. Mit dem Bonner Evita-Regisseur Gil Mehmert hat sie schon mehrfach zusammen gearbeitet. U.a. als Sally Bowles in dem Musical-Klassiker Cabaret bei den Bad Hersfelder Festspielen an der Seite von Bühnenstars wie Helen Schneider, Judy Winter und Helmut Baumann. Oder als Sheila in Hair am Münchner Gärtnerplatz-Theater.
Sich entscheiden zwischen dramatischen und komischen Frauenrollen möchte sie sich nicht. „Im Leben sind Komik und Tragik auch nicht allzu weit voneinander entfernt – und das eine wäre wertlos ohne das andere.“
Mit den unterschiedlichen Biografien von Eva Perón hat sie sich intensiv beschäftigt und viel gelesen über diese Frau, die wahrscheinlich eine eigene soziale Utopie suchte. „Anders als in Wien, wo ich in eine fertige Produktion einsteige und die Rollengestaltung stark von Katharine Mehrling geprägt ist, die vor mir in der Titelrolle zu sehen war, hatte ich bei der Bonner Evita mehr Gestaltungsmöglichkeiten und habe die Inszenierung entscheidend mit geprägt. Beide Inszenierungen haben ihren Reiz, und diese verschiedenen Blickwinkel auf die komplexe, ambivalente Figur der Eva Perón bereichern mich und meine Darstellung.
Bei der Probenarbeit finde ich es ganz besonders und schön, wenn Regie, musikalische Leitung, Darsteller und Technik an einem Strang ziehen, man dieselbe Vision hat und einander beflügelt. Das sind die Sternstunden des Berufes. Die Arbeit ist wie Hochleistungssport, auch wenn ich nicht mehr wie die Tanzkollegen täglich an der Ballettstange trainiere, sondern mit der Partitur am Klavier. Doch so anstrengend der Beruf ist – er erfüllt mich und verleiht mir Inspiration und Kraft. Das ist ein Geschenk.“
2017 ist die sympathische, nachdenkliche Bühnenkünstlerin neben ihren Verpflichtungen in der laufenden Saison schon so gut wie ausgebucht. In Baden bei Wien spielt sie die Titelrolle in Victor/Victoria, in München die Maria Magdalena in Jesus Christ Superstar. Und das ist noch längst nicht alles auf dem Reise-Plan, wo viele Zwischenhalte in Bonn bereits fest stehen. Zumal Bettina Mönch sich gern hier aufhält (neben ihrem Lebensmittelpunkt in Wien), es aber immer noch wundervoll findet, an Münchner Orten aufzutreten, die sie schon als Kind staunend erlebte.

Donnerstag, 19.01.2017

Zurück

Merkliste

Veranstaltung

Momentan befinden sich keine Einträge in Ihrer Merkliste.


Letzte Aktualisierung: 23.04.2024 21:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn