Romy Schneider – Zwei Gesichter einer Frau - Kleines Theater Bad Godesberg - kultur 130 - November 2016

Chris Pilcher als Romy Schneider
Foto: Kleines Theater Bonn
Chris Pilcher als Romy Schneider
Foto: Kleines Theater Bonn

Kunst-Stück



Die Sissi-Filmtrilogie machte die junge Romy Schneider zum Weltstar. Im Kleinen Theater Bad Godesberg ließ die österreichische Schauspielerin Chris Pichler das kurze Leben der Künstlerin Revue passieren. Pichler vergegenwärtigt die berühmte Schauspielerin und balanciert dabei virtuos auf dem schmalen Grat zwischen Identifikation und Distanz. Für die Hörspiel-Fassung ihres aus Tagebüchern, Briefen und anderen Dokumenten zusammengestellten und von ihr selbst inszenierten Abends wurde sie bereits 2008 vom ORF zur Schauspielerin des Jahres gekürt.
Aber tatsächlich muss man sie auf der Bühne sehen. Mit geradezu stupender Ähnlichkeit verkörpert sie die Frau, die eigenwillig sich selbst behauptet, aber ohne Rollen nicht leben kann. Sie zitiert das 15-jährige Mädchen, das 1954 hellsichtig in sein Tagebuch notiert: „Ich weiß, dass ich in dieser Schauspielerei aufgehen kann. Es ist wie ein Gift, das man schluckt und an das man sich gewöhnt und das man doch verwünscht.“
Sie ist der Teenager, hochtalentiertes Kind einer bekannten Schauspielerfamilie, der aufgeregt nach München reist und an der Seite seiner Mama ins Filmgeschäft einsteigt. Sie spielt die naive Koketterie der Anfängerin, die wenige Jahre später die Begegnung mit den großen Hollywood-Stars genießt. Ebenso wie die Flüge um die halbe Welt, das Blitzlicht-Gewitter der internationalen Presse, die Flirts mit Kollegen und die Gagen, die die ihrer Mutter bald deutlich übertreffen.
Pichler streut am Mikro Film-Songs, bevor sie per Live-Kamera ihr Gesicht auf einem kleinen Uralt-Schwarzweiß-TV-Gerät präsentiert. Eine herbe Schönheit, Zigarette im Mundwinkel, brennend vor Ehrgeiz, das süßliche Prinzessinnen-Image abzustreifen. Amour fou mit dem damals noch unbekannten Franzosen Alain Delon. Umzug nach Paris, wo sie 1961 (gerade mal 22 Jahre jung und ohne jegliche Theater-Ausbildung) ihr Bühnendebut in Luchino Viscontis legendärer Inszenierung von John Fords Schade, dass sie eine Hure war gibt. Die Aufführung wird ein Riesenerfolg.
Romy Schneider arbeitet energisch an ihrer Karriere, steckt die schmerzliche Trennung von Delon weg und wird zur mit etlichen Preisen ausgezeichneten Charakterdarstellerin. Zwischendurch probiert sie ein bürgerliches Familienleben in der Ehe mit dem Regisseur Harry Meyen. Der stumme Schrei, mit dem Pichler auf den grausamen Unfalltod des 14-jährigen Sohnes reagiert, geht tief unter die Haut. Im silbern schillernden Kleid erschien sie zuvor als neue Pariserin: schön, sexy, skandalös selbstbewusst und gespenstisch fragil.
Chris Pichler geht mit ihrer Bühnenfigur sensibel durch alle dramatischen Himmel und Höllen des Betriebs. Ein schauspielerisches Ereignis und nach knapp zwei atemberaubenden Stunden inkl. Pause mit langem Applaus belohnt. E.E.-K.

Donnerstag, 19.01.2017

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