Diplomatinnen des Todes - Haus der Bildung - kultur 130 - November 216

Diplomatinnen des Todes, Theater Bonn im Haus der Bildung
Foto: Thilo Beu
Diplomatinnen des Todes, Theater Bonn im Haus der Bildung
Foto: Thilo Beu

Globalisiertes Monopoly



Der reißerische Titel hat nicht viel zu tun mit dem, was tatsächlich passiert. Das vom Schauspiel Bonn in Kooperation mit der VHS anlässlich des 20. Jubiläums der UN-Stadt Bonn produzierte theatrale Experiment Diplomatinnen des Todes ist schlicht eine Art Monopoly. Konzipiert von dem 2010 gegründeten Berliner Kollektiv Prinzip Gonzo, das 2015 den Ersten Preis des virtuellen Nachtkritik-Treffens für Spiel des Lebens gewann und mit der Serie Monypolo nachlegte. Interaktive Formate haben Konjunktur in der Theaterszene. Man darf folglich mitspielen beim Pokern um Einfluss auf einem fiktiven Kontinent, dessen 16 Staaten sich zur UNA zusammengeschlossen haben. In der Mitte liegt das große Midigura, das nach einem Putsch den Ausstieg aus der Gemeinschaft anstrebt.
Im großen Saal des Hauses der Bildung sind bei einer Benefiz-Gala also Verhandlungen angesagt. Die Mitwirkenden erhalten eine Staatsangehörigkeit und werden freundlich zu ihren Stehtisch geleitet. Nun gilt es, Einflusspunkte zu sammeln. Beispielsweise durch den Verkauf von Staatseigentum oder Verträgen. Vor Falschgeld wird lautstark gewarnt, während der Showmaster (Philipp Basener) die Lostrommel dreht. Wer eine Niete zieht, kann sich mit einem Charity-Chor (sängerische Hilfe anderer Nationen ist Verhandlungssache) immer noch Diplomatie-Punkte erobern. Oder am NGO-Stand (sympathisch betreut von Daniel Gawlowski) mit Reiskörnern oder Legosteinchen an der Weltrettung basteln. Ein Selfie mit dem Putschisten (Benjamin Berger) wäre ggf. nützlich. Man kann auch der ehemaligen Präsidentin (Ursula Grossenbacher) Autogrammkarten abluchsen oder mit dem eloquenten Vorsitzenden der Wirtschaftskommission (Manuel Zschunke) diskutieren.
Dabei sollte der eigene Tisch allerdings gut bewacht werden, denn es wird gelegentlich schamlos geklaut. Dafür kann man sich freilich im Beichtstuhl Absolution (Benjamin Grüter) besorgen. Für weitere szenische Momente sorgen die Schauspielerinnen Sabine Lindlar, Helena Niehaus und Lara Waldow.
Bei der mit Spannung erwarteten Uraufführung stimmte eine solide Mehrheit gegen den „Mexit“. Die weiteren Vorstellungen können jedoch ganz anders verlaufen. Der Erkenntnisgewinn bleibt nach zwei Stunden recht gering, der Spaßfaktor hängt ab von der Spiellust der freiwillig zahlenden Mitwirkenden (maximal 60 Personen). E.E.-K.

Spieldauer ca. 60 Min., keine Pause

Donnerstag, 19.01.2017

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