Das Leben geht über 15 Runden - Brotfabrik - kultur 124 - März 2016

Ein Kämpfer gibt nicht auf



Es ist eine wahre Geschichte. Der Boxer Rukeli Trollmann war ein Star im Ring, bewundert wegen seiner Flinkheit und seiner brillanten Technik, mit der er seiner Zeit weit voraus war. „Bäumchen“ („Ruk“ bedeutet in der Sprache der Romani „Baum“) nannten seine Anhänger den attraktiven Sportler. Aber er war Sinto, und die Nazis erlaubten keinen „Zigeuner“ als Champion.
Im Zentrum des Theaterprojekts Das Leben geht über 15 Runden nach dem Stück Trollmanns Kampf von Björn Bicker steht der Kampf um die Deutsche Meisterschaft im Mittelgewicht am 9. Juni 1933. Der Regisseur Stefan Herrmann hat die Geschichte jedoch um eine andere Ebene erweitert. Vier junge Männer stellen sich am Anfang vor mit ihren eigenen Geschichten und ihren Zukunftsplänen in Deutschland. Alle sind vor ein paar Monaten ohne Familie hier angekommen: Yazdan Bahadauri und Rahmatollah Rezaei sind 16 Jahre alt und aus Afghanistan geflohen. Bob Jara (20) stammt aus Mali, der ungefähr gleichaltrige Tipet Baah aus Ghana. Sie berichten von ihren abenteuerlichen Fluchtwegen, zeigen auf Zetteln ihre Namen und Berufswünsche. Hinter den Etagenbetten des Bühnenbildes von Hedda Ludwig bereiten die beiden Afghanen ihre Landesspezialität „Bolani“ und verteilen die Teigtaschen großzügig ans Publikum. Dann begleiten sie mit Trommelschlägen und am Box-Sack den Kampf und treiben die Spannung auf Hochtouren.
Lucas Sánchez spielt den Boxprofi Trollmann brillant. Ein leicht koketter Siegertyp, leichtfüßig tänzelnd mit mehr Intelligenz als mus­kulöser Gewalt. Und dann das Erschrecken: Die Sportfunktionäre räumen den Siegerkranz weg. Dann der Triumph: Das Publikum hat gegen die Ungerechtigkeit protes­tiert und die Punktrichter gezwungen, Trollmann als Meister anzuerkennen. Eine Woche später wurde ihm der Titel wieder aberkannt. Am 21. Juli 1933 focht er zum letzten Mal öffentlich. Mit blond gefärbten Haaren und weiß geschminkt steckte er die Schläge seines Gegners einfach ein und setzte damit ein mutiges Signal gegen die rassistische Diskriminierung.
Der Rest der Geschichte wird nur noch kurz erzählt. Trollmann verlor seine Lizenz und begann einen Kampf ums Überleben, den er 1944 im KZ Neuengamme verlor. Es ist ein Verdienst der Aufführung, diese lange Zeit vergessene Sportlerbiografie vorzustellen. Die mitwirkenden jungen Flüchtlinge stellen sie in einen aktuellen Kontext und werden dabei sichtbar als Persönlichkeiten, die ihre Existenz selbstbewusst gestalten wollen. Eine sensible Arbeit ohne aufgesetzte Effekte! E.E.-K.

Spieldauer ca. 75 Minuten, keine Pause

die Nächsten Termine :
6.04. // 7.04.16

Donnerstag, 07.07.2016

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