Der zerbrochne Krug - Kleines Theater Bad Godesberg - kultur 120 - November 2015

Der zerbrochene Krug
Foto: Kleines Theater Bonn
Der zerbrochene Krug
Foto: Kleines Theater Bonn

Kurzweiliger Prozess


Dorfrichter Adam ist der Schuldige. Das weiß nach guter Komödientradition jeder Zuschauer von Anfang an. Es geht also um die Tricks, mit denen Adam bei der von ihm – faktisch gegen sich selbst – geführten Gerichtsverhandlung seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen versucht. Heinrich von Kleists einaktiges Lustspiel Der zerbrochne Krug präsentiert den Prozess quasi in Echtzeit. In der Inszenierung von Horst Gurski wird daraus ein grotesker Bauernschwank im fiktiven Dörfchen Huisum bei Utrecht. Man spricht zwar Kleists genial verschachtelte Blankverse in Adams verlotterter Amtsstube, ansonsten regiert derber Volksstück-Realismus zwischen Alkoven und herzigem Abtritt. Auf der engen Bühne bemühen sich elf Schauspieler in hübsch historischen Kostümen (Ausstattung: Christian Baumgärtel) um die Aufklärung des Falls.
Till Brinkmann (zum ersten Mal im Kleinen Theater, spielte den Adam aber schon in Gurskis Regie 2010 bei den Scherenburgfestspielen in Gemünden) gibt den feisten Lustmolch mit der doppelbödigen Komik eines sich selbst mangels Perücke am eigenen Glatzkopf mit haarsträubenden Alibis aus der Geschichte windenden Fieslings. Wie er die naive Eve (liebenswürdig: Cheryl Angelika Baulig) erpresserisch mundtot macht, ist juristisch mehr als grenzwertig. Zugegeben: Evchens wegen Krugzerstörung angeklagter Verlobter Ruprecht (David Imper) hat außer grimmiger Miene und tölpelhafter Verteidigung seiner Ehre nicht viel zu bieten. Sein Vater Veit Tümpel (Heiko Haynert) hält sich ohnehin ziemlich sprachlos raus aus der verteufelten Sache.
Umso mehr redet Eves Mutter Marthe Rull (hervorragend: Juliane Ledwoch), deren Herz eher am kaputten kostbaren Krug hängt als an der in Zweifel gezogenen Ehre ihrer Tochter. Gerichtsschreiber Licht (Karl-Heinz Dickmann) buckelt sich voran in der Hoffnung auf Adams lukrativen Job. Gerichtsrat Walter (glänzend: Matthias Kiel) waltet seines Amtes, wobei zur Aufklärung recht viel Wein vonnöten ist. Zur Lösung der Angelegenheit bedarf es jedoch der Nachbarin Brigitte. Für die erkrankte Dagmar von Kurmin spielte bei der Premiere in Bad Godesberg Regieassistentin Vanessa Frankenbach die famose alte Lady auf der Spur des kriminellen Richters.
Lustige Zutaten liefern die Glocke des geistig bescheidenen Büttels (Michael Brust) und die unerschütterlichen Mägde (Jaana Noll und Olga Yakovleva). Dass Frau Marthe am Ende den rechtschaffenen Bürokraten Walter zwecks Krug-Klage vor der nächsthöheren Instanz in Utrecht aufsuchen möchte, ist eine Drohung, die Fluchtinstinkte ­weckt. Mit „Üb immer Treu und Redlichkeit“ als netter Hintergrundmusik. E.E.-K.

Das Stück stand nur bis zum 22.10.15 auf dem Spielplan.

Donnerstag, 26.11.2015

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