Spirit - Gastspiel der GöteborgsOperans Danskompanie in der Oper beim Beethovenfest - kultur 119 - Oktober 2015

Tanz-Energie

Intendantin Nike Wagner gibt nicht nur der Musik Raum im ersten von ihr selbst gestalteten Beethovenfest-Programm. Der zweiteilige Tanzabend spirit im Opernhaus war ein großartiger Auftakt der grenzüberschreitenden Exkursionen und gleichzeitig der Beginn der neuen „Highlights des internationalen Tanzes“. Die GöteborgsOperans Danskompanie gehört zu den führenden europäischen Ensembles und untersucht regelmäßig neue Ausdrucksformen.
Um Möglichkeiten der intuitiven Erkenntnis geht es in Noetic des flämisch-marokkanischen Star-Choreographen Sidi Larbi Cherkaoui. In einem weißen Raum treffen die fabelhaften Tänzerinnen und Tänzer in eleganten schwarzen Kostümen aufeinander. In wechselnden Konstellationen verbinden sie sich zu Schwärmen, aus denen sich einzelne lösen und wieder zu einer großen Bewegung zusammenfließen. Mal schwerelos leicht, dann wieder wie eine komplizierte Maschine, deren Antrieb verborgen bleibt. Ein wahres Wunderwerk an Präzision entfalten sie mit den flexiblen „Linien“ des britischen Künstlers Antony Gormley, die sie schließlich zur idealen Form des Kreises biegen und am Ende zu einer transparenten Weltkugel zusammenfügen.
Fast mittelalterlich klingt der lateinische Gesang der Schwedin Miriam Andersén (die Texte stammen aus Gedichten von Horaz und aus Platons Liniengleichnis). Auf der anderen Bühnenseite evoziert der japanische Musiker Shogo Yoshi mit Trommeln, Bambusflöte und dem Saiteninstrument Kokyu eine spirituelle Klangwelt. Die vielschichtige Komposition des Polen Szymon Brzóska dirigierte Henrik Schaefer, gebürtiger Bochumer und Chefdirigent der Göteborger Oper. Die Musik extra für das Gastspiel einstudiert hatten die Bochumer Symphoniker.
Den exzellenten Jugendchor NRW leitete Schaefer bei den sphärischen A-cappella-Gesängen (Ravel, Messiaen) zu Metamorphosis von Saburo Teshigawara. Der japanische Choreograph ist auch bildender Künstler und entwirft Bühne, Kostüme und Licht für seine Arbeiten selbst. Wie atmende Skulpturen wirken die Tänzer, wobei die Körperlichkeit durch die knappen grauen Kostüme noch unterstrichen wird. Die gespannte Stille, aus der die Leiber sich langsam erheben und immer wieder von der Schwerkraft eingeholt werden, ließ einige Zuschauer (zumindest bei der ers­ten Vorstellung) unruhig werden. Bis die harten Beats des Komponisten und Sound-Designers Tim Wright hereinbrachen. Mit zunehmendem Licht entwickeln sich aus den Larvenwesen individuelle Gestalten. Metallisch glänzende „Linien“ kommen auch hier zum Einsatz. Diesmal spiralförmig und am Ende zur elektronischen Klangwalze bedrohlich nach vorne rollend.
Hingerissener Beifall für ein atemberaubendes Tanz-Ereignis! Teshigewara als Tänzer konnte man einige Tage später in der Bundeskunst­halle in seiner beeindruckenden Choreographie landscape erleben.
E.E.-K.

Donnerstag, 08.10.2015

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