Spinnen, Burkhard: Zacharias Katz

kultur 116 - Mai 2015

Er nennt sich Zach Katz und ist Kriegsreporter, er liegt Anfang 1945 schwer verwundet in einem Lazarett in Frankreich und erzählt bzw. diktiert seine unglaubliche Lebensgeschichte einem deutschen Kriegsgefangenen, der das Manuskript rettet, aber den Verfasser nie mehr wiederfindet. Hat er überhaupt existiert?
So wie er es erzählt, sind seine Großväter um 1885 nach Amerika ausgewandert, sie waren Bauern und blieben es auch dort in Pennsylvanien. Ihre Nachbarn waren Amische, eine Sekte, die keine Moderne zulässt und keine Maschinen nutzt – diese Maschinen aber wohl, des Profits wegen, verleiht und arbeiten lässt. So wurde der Vater wohlhabend, mit dem Verleihen von Landmaschinen. Der einzige Sohn wollte das nicht, aber er hatte keinerlei Talente oder Interessen und geriet plötzlich, fast aus Versehen, nach Hollywood und als „Textverbesserer“ ins Showgeschäft. Seine bescheidene Karriere beginnt, und bei seinem ersten Urlaub auf Kuba endet sie durch eine vermeintliche Morddrohung, die ihn zur Flucht auf ein kleines deutsches Boot treibt, auf dem er bleibt und durch die Karibik fährt, hin und her, bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Die wechselnden Passagiere erzählen ihm viel, und er schreibt alles auf... Es ist unwichtig, was zwischen den beiden Kriegen passiert in seinem Leben, davon erzählt er nichts, 1945 im Lazarett in Frankreich.
Das Anliegen des Buches ist eine Parabel „auf die Brüchigkeit geordneter Verhältnisse“, auf den Umbruch der Welt 1914 – einmal mehr. Ich habe es gelesen als ein spannendes Abenteuer eines jungen Mannes, der immer Zeuge ist und niemals Akteur, der immer Gutes will und es fast zufällig tut, der Angst hat und schwach ist, aber alles überlebt. Zum Nachdenken verführt Katz Zach allemal und beschert eine amüsante und nicht alltägliche Lesefreude.



Burkhard Spinnen,
Zacharias Katz,
Schöffling, Herbst 2014,
gebunden, 344 Seiten,
21,95 €.

Donnerstag, 17.09.2015

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