São Paulo Dance Company - Gastspiel im Opernhaus Bonn - kultur 114 - März 2015

Pulsierende Leidenschaft aus Brasilien


Dass die erst 2008 gegründete Company aus Brasiliens größter Metropole sich in kurzer Zeit an die Weltspitze getanzt hat, konnte das Bonner Publikum an zwei ausverkauften Abenden Anfang Februar in der Oper bestens begreifen. Die vier stilistisch sehr unterschiedlichen Stücke zeigten eine künstlerische Bandbreite, wie man sie selten erlebt.
Am Anfang stand das witzige Peekaboo, das auf ein beliebtes Kinderspiel verweist. Es geht um Verstecken und Entdecken. Hinter schwarzen Melonenhüten (zwei tanzen wie von Geisterhand gesteuert auch mal allein über den Boden) verbergen sie ihre Gesichter, verschwinden auf mysteriöse Weise aus dem Blickfeld und tauchen plötzlich wieder auf. Schnell und präzise sind die scharfkantigen Bewegungen, die Marco Goecke, etliche Jahre Hauschoreograph des Stuttgarter Balletts, ihnen dafür auf den Leib geschrieben hat. Raffiniert verbindet er Brittens lustige Simple Symphony mit dem rauen Gesang des finnischen Chors Huutajat. Auf den atemberaubenden Wechsel von Solos, Duetten und Ensembles folgte das neoklassisch anmutende Stück Bachiana No 1 von Rodrigo Pederneiras, seit 1978 ständiger Choreograph der brasilianischen Truppe „Grupo Corpo“, die bereits 2013 in Bonn zu Gast war. Den Klang der Celli in der Musik von Heitor Villa Lobos, der brasilianische Volksmelodien mit Bachs Polyphonie verschmolz, scheinen die Tänzer Note für Note in Gesten übersetzt zu haben. In weit schwingenden Kleidern oder eng­anliegenden hautfarbenen Trikots entfalten die 15 Tänzerinnen und Tänzer eine unglaubliche Vielfalt von Schrittkombinationen und Figuren. Im Zentrum steht ein traumhaft schöner Pas de Deux von faszinierender Erotik.
Auf pure Sinnlichkeit setzte dagegen Mamihlapinatapai (ein Wort aus der Sprache eines Volksstammes in Feuerland) von Jomar ­Mesquita. Vier Paare verschlingen sich in immer neuen Wendungen, originellen Hebefiguren. Zu pochenden Herzschlagtönen und sehnsüchtigen portugiesischen Schlagern kocht das unwiderstehliche Begehren hoch. Entsprechende optische Akzente liefern die feuerroten Kostüme.
Den Schlusspunkt bildete der Klassiker Gnawa von Nacho Duarto, seit dieser Saison Chefchoreograph des Berliner Staatsballetts. Die Landschaft um Valencia hat den Spanier inspiriert zu diesem Ballett. In die Naturgeräusche mischen sich meditative Klänge der spanisch-islamischen Musik. Wie in Trance kreisen die Körper umeinander und verbinden sich symbiotisch mit der mediterranen Natur. Das ist pure Bewegungs-Poesie, energetisch hochgespannt bis zur letzten Sekunde.
Das begeisterte Bonner Publikum belohnte die großartigen Tänzer aus Brasilien mit Ovationen. Das nächste Gastspiel in der Reihe „Highlights des internationalen Tanzes“ folgt Ende Mai mit der legendären „Kibbutz Contemporary Dance Company“ aus Israel. Um Karten sollte man sich jetzt schon bemühen.
E.E.-K.

Dienstag, 01.09.2015

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