Die Präsidentinnen - Theater Die Pathologie - kultur 111 - Dezember 2014

Großartiges Kloaken-Trio



Das sitzen sie in Ernas enger, mit allerhand Plunder und einem Kreuz dekorierten Wohnküche vor dem Fernseher und genießen eine Papstmesse. Denn fromm und sparsam ist die Pensionistin Erna, wunderbar vielschichtig gespielt von Ursula Michelis. Mit dem ständig besoffenen Sohn Hermann ist es zwar ein Kreuz, und Enkel schenken will er ihr auch nicht. Aber es gibt ja den tugendhaften Metzger Karl Wottila, der nicht nur billigen Leberkäs verkauft, sondern in seiner Heimat Polen sogar eine Marien-Erscheinung gehabt hat. Da gerät die Erna richtig ins Schwärmen über den tiefen Glauben des freundlichen Fleischers.
Allem Fleischlichen zugetan ist die ebenfalls schon den Blütejahren entwachsene Grete, die nicht mal regelmäßig in die Kirche geht. Herrlich kokett verkörpert Marion Minetti die lebenslustige Möchte-gern-Sünderin. Was beim Genuss herauskommt, ist die heilige Aufgabe der jungen Putzfrau Mariedl. Maren Pfeiffer spielt die anfangs leicht debil erscheinende, unerschütterliche Heldin der Aborte. Ohne Handschuhe greift Mariedl mit geradezu messianischem Eifer tief in alle verstopften Klomuscheln. Selig triumphierend holt sie hervor, was die menschlichen Ausscheidungen ihr schenken.
Erna, Grete und Mariedl sind Die Präsidentinnen in dem 1990 in Wien uraufgeführten „Fäkaliendrama“ des österreichischen Autors Werner Schwab (1958 – 1994). Als groteskes Kammerspiel hat Walter Gontermann (derzeit als Schauspieler zu erleben in Möwe und Mozart im Contra-Kreis-Theater) das Stück im Theater Die Pathologie inszeniert. Bei aller Drastik rutschen die Dialoge über Stuhlgang, das Geschlechtliche, den Sinn des Lebens, Gott und die Weltjauche nie ins Peinliche. Virtuos zelebriert das famose Damentrio, das im Streit auch mal handgreiflich wird, die Schwabische Kunstsprache, aus der sie ihre Figuren entwickeln und mit bissigem Humor präsentieren. Saukomisch und dennoch berührend, denn selbst die, die immer nur den Schmutz der anderen wegmachen, muss ja mal das große Glück erreichen. Und so erträumen sie sich ein Fest, bis die Fantasieblase platzt.
Entschieden sehenswert, allerdings für Jugendliche eher nicht geeignet. E.E.-K.

Spieldauer ca. 1 ¼ Stunden, keine Pause
die nächsten Termine:
4.12.14 // 29.01. // 30.01. // 31.01.15

Donnerstag, 15.01.2015

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