Ente, Tod und Tulpe - Metropol Kuppelsaal (Spielstätte des Jungen Theaters Bonn) - kultur 107 - Juni 2014

Leben und Sterben

Leben und Sterben


Es geht tatsächlich um die letzten Dinge in dem Stück Ente, Tod und Tulpe der Österreicherin Nora Drisamer nach dem wunderbaren Bilderbuch von Wolf Erbruch. Mit der höchst lebendigen Inszenierung von Manuel Moser hat das Junge Theater Bonn Anfang Mai seine neue Studiobühne im Kuppelsaal der Thalia-Buchhandlung im Metropol am Bonner Marktplatz eröffnet. Der kleine Raum mit seinem hohen Wolkenhimmel ist geradezu ideal für den traumhaft zärtlichen Todestanz zwischen Ententeich und Glühwürmchen.
Denn eines Tages bemerkt die Ente, dass ihr jemand folgt. „Ich bin der Tod“, sagt die merkwürdige Gestalt mit dunklem Frack und hohem schwarzen Hut höflich. Und gibt zu, dass er eigentlich immer schon da war – für alle Fälle. Schlimme Schnupfen oder Unfälle hat allerdings das Leben zu verantworten. Er ist nur zuständig für das Ende. „Willst du mich jetzt holen?“, fragt die Ente ängstlich. Die 77-jährige Giselheid Hönsch spielt im pinkfarbenen Ballerinen-Outfit mit schillerndem Pailletten-Top und roten Clogs (fabelhafte Ausstattung: Maurice Dominic Angrés) die völlig alterslose Ente. Es ist einfach hinreißend, wie sie flink herumwatschelt – kindlich staunend über die Schönheit ihres Sees, in dem sie gründelnd ständig allerhand Sachen entdeckt, listig ihrem neuen Gefährten das Schwimmen beibringt und seinem Charme doch nicht ganz vertraut.
Kaltes Wasser ist freilich nicht dessen Element, weshalb die Ente ihn sanft mit ihrem Gefieder wärmt und ihm einen neuen Tag beschert. Mit Zähneputzen und nahrhaftem Regenwürmerfrühstück. Was zwar nicht direkt zu seinem kulinarischen Programm gehört, aber entschieden Spaß macht. Der junge Schauspieler Ferdi Özten verkörpert bezaubernd leichtfüßig den Tod. Kein Skelett im karierten Mantel wie im Bilderbuch, sondern ein grundsympathischer, ungemein beweglicher Typ, der seinen Job zwar ernst nimmt, aber sich gern auch mal von der lebenslustigen Ente verführen lässt. Was der immer gefehlt hat, war ein charmanter Erpel. Ihr sexy Balztanz beflügelt selbst den Tod zu einer irre komischen Show mit akrobatischen Einlagen. Den „Titanic“-Soundtrack vom alten Grammophon findet er etwas kitschig (zumal seine Arbeit bei großen Schiffen oft sehr hart ist) und wärmt lieber die Ente, die in seinen Armen irgendwann schlicht aufhört zu atmen und leise auf dem großen Fluss davonschwimmt. Mit einer Tulpe als Abschiedsgeschenk und neuem Lebenszeichen. Wo und wie sie wieder auftaucht, können ihr weder der Tod noch das Theater sagen. Auf der Bühne ist die Ente indes unsterblich.
Ein munteres Kinderstück gewiss, aber auch für Ältere ein heiter tröstliches Drama. Federleicht, witzig und zutiefst berührend. E.E.-K.


Spieldauer ca. 1 Stunde, keine Pause

geeignet für Zuschauer ab 6 Jahren.

Donnerstag, 16.10.2014

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