Romeo und Julia - kultur 49 - September 2008

Erste Liebe mit tödlichem Ende - Romeo und Julia von William Shakespeare im Jungen Theater

Shakespeares berühmtestes Liebespaar ist im Teenager-Alter. Der 17-jährige Romeo hat gerade sein Interesse an den Mädchen entdeckt, als er sich Hals über Kopf in die 14-jährige Julia verliebt, die ihm ebenso spontan und ihrer Gefühle völlig sicher ihr Herz schenkt. Dass die Familien der beiden sich seit Generationen bekämpfen, ist nur vordergründig ein Hindernis. Irgendeinen Zweifel an der Liebe zwischen Romeo und Julia gibt es nicht; ihr Tod ist einfach eine Verkettung unglücklicher Zufälle.
Regisseur Andreas Lachnit betont eher die ganz natürliche Sehnsucht und die Plötzlichkeit, mit der die beiden füreinander entbrennen, weniger den fatalen Unstern, unter dem ihre Liebe von Anfang an steht. Er inszeniert ihre Naivität und ihre scheuen Zärtlichkeiten mit feiner Zurückhaltung und lässt sie mit bestechender Ehrlichkeit agieren.
Die raffinierte Holzkonstruktion des Bühnenbildes von Laurentiu Tuturuga erlaubt flotte Schauplatzwechsel, obwohl die Kletterei über Treppen und Leitern zwischen Spitzbögen und dem unverzichtbaren Balkon gegen Ende etwas ermüdend wirkt.
Für die wunderschönen historischen Kostüme zeichnet Ausstattungsleiterin Brigitte Winter verantwortlich. Shakespeares Drama wird in dieser Inszenierung nicht mutwillig aktualisiert. Wie viel die alte Geschichte mit ihnen selbst zu tun hat, wissen die jugendlichen Schauspieler und deren durchweg gleichaltriges Publikum sowieso. Shakespeares Text in der modernen Übersetzung von Frank Günther wird exzellent präsentiert. Die komplexen Metaphern und sprachlichen Finessen gehen allen mit schöner Selbstverständlichkeit über die Lippen.
Der 17-jährige Roman Hüter spielt den Hitzkopf Romeo aus der Familie Montague, der zwischen Schwärmerei, Melancholie und dreistem Draufgängertum schwankt und sich mit seinen Kumpanen einen Jux aus dem Besuch des Maskenballs bei den feindlichen Capulets machen will. Aus dem kleinen Abenteuer wird bei der Begegnung mit der hübschen Julia unvermittelt Ernst. Der gerade 15-jährigen Caroline Tyka gelingt in dieser Rolle Erstaunliches. Von kokett schüchternen Mädchen entwickelt sie sich zu einer selbstbewussten jungen Frau, die ihrer erwachten Weiblichkeit unbeirrbar folgt. Sie zeigt mit fast schon beängstigender Klarheit alle Facetten der Gefühle, die sie in kurzer Zeit durch Liebesseligkeit, Angst, Trauer und tödliche Verzweiflung führen.
Marvin Goddon überzeugt als temperamentvoller Mercutio, Jan Madré als gefährlich ruhiger Racheengel Tybalt. Nach dem Tod der beiden (tolle Fechtchoreographie von Jan Hermann, der auch Julias Vater, den Grafen Capulet spielt) und nach der Hochzeitsnacht des jungen Paares nimmt die Katastrophe ihren unaufhaltsamen Lauf. Die Listen des sympathischen Klosterbruders Lorenzo (Peter Devo Neumann) erreichen ihr Ziel nicht. Julias Mutter (Andrea Brunetti) kann gegen die widerspenstige, zu allem entschlossene Tochter nichts mehr ausrichten. Der Fürst (hier mit der Figur des Grafen Paris zusammengelegt und gespielt von Sören Ergang) findet bei der Familiengruft der Capulets den Tod. Shakespeares ohnehin reichlich künstlicher moralischer Schluss entfällt. Die allgemeine Versöhnung über den Leichen von Romeo und Julia findet nicht statt. Es bleibt der stumme Entsetzensschrei der Amme. Giselheid Hoensch macht aus der mütterlichen, verständnisvollen Liebesbotin und Helferin des jungen Paares mit losem Mundwerk und herzhafter Bauernschläue ein komisches Glanzstück. Dafür fliegen ihr alle Publikumsherzen zu. Ansonsten großer berechtigter Beifall für das jugendliche Ensemble. E.E.-K.

Aufführungsdauer: ca. 2½ Std., eine Pause
Im Programm bis: ?????
Nächste Vorstellung:
Für Zuschauer ab 14 Jahren

Dienstag, 02.02.2010

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