Leaving Las Vegas - kultur 48 - Juni 2008

Lost in Translation zwischen Suff und Puff - Leaving Las Vegas - Die Ballade von Sera und Ben in der Pathologie

Ben hat sich aus seinem früheren, anscheinend durchaus bürgerlichen Leben verabschiedet und säuft sich zielstrebig zu Tode. In Las Vegas, wo der flüssige Stoff gegen harte Dollars rund um die Uhr zu haben ist. Die Pros­tituierte Sera liest einen volltrunkenen fremden Mann am Straßenrand auf und verliebt sich in ihn. Eine scheinbar schlichte Geschichte von zwei einsamen Menschen am Rand der Gesellschaft, die für einen kurzen, zerbrechlichen Moment des Glücks zueinander finden.
Der 1990 erschienene Roman Leaving Las Vegas des Amerikaners John O’Brien, der sich 1994 mit 33 Jahren erschoss, erzählt keine romantische Legende vom heiligen Trinker oder vom Engel der Gosse. Das erfolgreich von Mike Figgis mit Nicholas Cage und Eli­zabeth Shue in den Hauptrollen verfilmte Werk berichtet mit lakonischer Poesie von einem unaufhaltsamen Absturz in die alkoholvernebelte Hölle, aber vor allem ganz unsentimental von einem kleinen Stück Himmel über der Hoffnungslosigkeit.
Unter dem Titel Leaving Las Vegas – Die Ballade von Sera und Ben hat der Regisseur Reinar Ortmann im „Theater Die Pathologie“ den Text für die Bühne adaptiert. Er spart die Vorgeschichten und die psychologischen Reflexionen der beiden Figuren aus und lässt sie sehr pur als unmittelbar Gegenwärtige agieren.
Zur Musik von Makhail Shokostalisch fallen mit harten, exakt durchkomponierten Schnitten Schlaglichter auf kleine dreckige Szenen von verzweifelt unüberwindlicher Nähe und zärtlicher Fremdheit. Martin-Maria Vogel spielt sensibel den verirrten Romantiker Ben, rigoros unterwegs zum ultimativen Rausch und der Erlösung von der Wirklichkeit. Zwischen billigen Hotels, schmuddeligen Betten, splitternden Gin- und Whiskyflaschen, Rotz und Kotz bewahrt er bis zum bitteren Ende einen Rest von selbstironischer Würde. Maren Pfeiffer spielt wunderbar klar die selbstbewusste Nutte Sera, die ehrlich ihren Job macht und Respekt vor ihrer Arbeit verlangt. Am Ende wird sie dem sterbenden Ben einen letzten Liebesdienst erweisen. Die beiden haben sich berührt und auf je eigene Weise verstanden. Hellsichtig gelassen, völlig unpathetisch. Entschieden sehenswert! E.E.-K.

Aufführungsdauer: ca. 1 Std., keine Pause
Im Programm bis: ???

Donnerstag, 11.12.2008

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