Der kleine Prinz - kultur 54 - Februar 2009

Freundschaft unterm Sternenhimmel - Der kleine Prinz von Antoine de Saint-Exupéry im Jungen Theater

Auch wenn die Reise erst mal mit einer modernen großen Passagiermaschine losgeht – was mit ziemlich viel Bühnennebel und Getöse in der Wüste abgestürzt ist und den Schauplatz beherrscht, entpuppt sich als altes einsitziges Flugzeug. So ähnlich wie die kleinen Maschinen, mit denen der französische Pilot und Dichter Antoine de Saint-Exupéry regelmäßig unterwegs war. 1935 musste er tatsächlich mit einer Motorpanne in der Sahara notlanden. Vielleicht begegnete er dort in der Einsamkeit dem kleinen Prinzen, dessen Geschichte er später im amerikanischen Exil aufschrieb. Die kleine Erzählung wurde sein bekanntestes Werk und eins der meistgelesenen Bücher der Weltliteratur.
Im Jungen Theater Bonn hat der Regisseur Hans Schernthaner, der dort zum ersten Mal inszeniert, den „Kleinen Prinzen“ neu für die Bühne eingerichtet und präsentiert die philosophisch-poetische Parabel sehr klar und geradlinig, ohne ihre Tiefendimensionen einzuebnen. An Kinder richtet sich vordergründig der Erzähler in Saint-Exupérys „Kleinem Prinzen“; die Kritik an der nüchternen, oberflächlichen Erwachsenenwelt, die den Blick auf die Wirklichkeit hinter den Dingen verloren hat, ist natürlich mitgedacht. Denn selbstverständlich zeigte die erste Zeichnung des Fliegers, auf der die großen Leute nur einen alten Hut erkannten, eine Riesenschlange, die gerade einen Elefanten verdaut. Das Verborgene in den Bildern erkennt der kleine Fremdling, der den abgestürzten Flieger auffordert: „Zeichne mir ein Schaf!“ Und es schließlich in der mit wenigen Strichen zu Papier gebrachten Kiste findet.
Matthias Beckonert (10) und Leopold Klieeisen (12) – beide spielen zum ersten Mal in einer professionellen Produktion des JTB – alternieren in der Rolle dieses von einem winzigen fernen Planeten angereisten Kindes, das Antworten sucht auf die wirklich wichtigen Fragen. Bei seinem Irrflug durch die Galaxien leuchtet auf dem Bühnenvorhang ein wundervoller Sternenhimmel (Bühne: Stefan A. Schulz, Videos: Daniel Winter), der kurz vor der Landung auf der Erde schwindelerregend in Bewegung gerät. Während der kleine Prinz mit der Taschenlampe nach Aufklärung sucht, öffnet sich immer wieder der Vorhang für die kurzen Zwischenstationen, die ihm mehr von den Absurditäten der Welt zeigen als von ihrem Sinn. Vor der Liebe zu seiner schönen, anspruchsvollen Rose ist er geflohen. Er hat den König getroffen, der alles zu beherrschen glaubt. Den Säufer, der sich schämt, weil er trinkt, und trinkt, weil er sich schämt. Den Geschäftsmann, dem nur Besitz etwas bedeutet. Den Laternenanzünder, dem die Zeit davonläuft. Und schließlich den Geographen, der ihm den Planeten Erde empfiehlt: „Er hat einen guten Ruf…“. Selbst wenn der inzwischen ziemlich angekratzt ist…
Die etwas eintönigen Szenenwechsel werden wettgemacht durch den spielerischen Witz der beiden jungen erwachsenen Darsteller (beide als Gäste zum ersten Mal am JTB engagiert). Inka Linda Bretschneider ist u. a. die empfindliche, kokette Rose im Garten des kleinen Prinzen, der geschäftstüchtige Rechenkünstler und die reichlich verführerische Schlange. Steffen Lehmann spielt den ums Überleben kämpfenden nachdenklichen Flieger und schlüpft auch in die komischen Rollen des Hermelin bewehrten Herrschers, des ewigen Trinkers, des verzweifelten Nachtwächters und des klugen Fuchses. In den zauberhaften Kostümen von Brigitte Winter erschaffen sie die merkwürdige Welt, die der kleine Prinz in seinem himmelblauen Anzug staunend, gleichzeitig wissend und wissbegierig, völlig unbeirrbar durchstreift. Gewiss ist die Erfahrung schmerzhaft, dass es auf der Erde Millionen von Rosen gibt. Dennoch bleibt seine Rose selbst im roten Blütenmeer einzigartig, weil er sie liebt und pflegt.
Und der Fuchs muss gezähmt werden, um ein Freund zu werden. Die vorsichtige Annäherung wird in der Inszenierung zu einem sen­siblen Glücksmoment. Sein einfaches Geheimnis schenkt der Fuchs dem kleinen Prinzen fast beiläufig: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“
Mit dieser Einsicht wird aus der sengenden Wüste schließlich ein erfrischender See. Der Flieger kann seine Maschine reparieren. Die Schlange erfüllt den Wunsch des kleinen Prinzen, zu seiner Rose zurückzukehren und sie zu beschützen. Doch es bleibt ein leiser Zweifel: Wird das Schaf die Blume wirklich nicht fressen?
Anders als Saint-Exupéry am Ende seiner Erzählung schreibt, können auch Erwachsene verstehen, „dass das eine so große Bedeutung hat“. Vermittelt wird sie hier ohne aufdringliches Pathos schlicht sympathisch.
E.E.-K.

Aufführungsdauer: ca. 1 ¾ Std., eine Pause
Nächste Vorstellung: 31.01.09
Im Programm bis: ???
Für Zuschauer ab 7 Jahren

Samstag, 02.01.2010

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