Lustschreie - Wir wollen, dass Sie kommen - kultur 75 - April 2011

Gepflegter Nonsense: "Lustschreie - Wir wollen, dass Sie kommen" im Haus der Springmaus (24.02.2011)

Warum Andreas Etienne und Michael Müller diesen Namen für ihr Programm gewählt haben? „Ganz einfach…“ – geben sie gerne zu: „Sex sells!“. Ein bisschen recherchiert zu diesem Thema haben sie immerhin, und verweisen auf einen Penthouse-Artikel, in dem die international deutlich differenzierten Lustschreie beschrieben werden. Auf deren szenische Demonstration wartet man auf der Bühne ihres „Stammhauses“ der Springmaus aber leider vergeblich. „Aber wäre ‚Studienabbrecherspiele’ etwa ein besserer Titel?“
Lustschreie (Regie: Stunksitzungs-Regisseur Hans Kieseier) ist ein Potpourri typisch schlagfertiger Etienne-Müller-Wortduelle in Form gut gespielter Sketche aus dem großen Themenspektrum, das Bonn, die Bundesrepublik und die ganze Welt im Alltag nahelegen. Schwerpunkt ist, auch wenn die Nachbarn (s.u.) leider weggezogen sind, der lokale Fokus, Kabarett für Bonn. So haben die beiden natürlich kein Erbarmen mit der elendigen Bonn-packts-an-Umfrage…
Lokales Engagement für die Jugend durch Pflege des Brauchtums ist ihnen auch nicht fremd. Mit urbönnschem Dialekt und Narrenkappe verkörpert Müller absolut glaubwürdig Karl-Heinz vom Karnevalsverein „Et fidele Pittermännchen“ und erläutert das Programm „Betreutes Trinken für Jugendliche ab 12“, mit dem die Zielgruppe auch wirklich bis Aschermittwoch durchhalte…
Der Blick über den Tellerrand weckt neue Ideen, so beim Rentner-Ehepaar Keltenbach. Frau Keltenbach (Etienne) ist die Diskussion „Winterreifen oder Kreuzfahrt?“ mit ihrem Mann (Müller) schließlich leid und ruft „die Frau Merkel“ an: Sie habe eine Steuersünderdatei Bonn (pssst: zusammengestellt aus den Gelben Seiten) vorliegen und gebe gern schon mal ihre Bankverbindung an! Etiennes auch in vielen Soloprogrammen bewiesenes Talent, alte Damen zu spielen, hat in keiner Weise abgenommen!
Für digital Bewanderte umwerfend komisch ist das „Aufklärungsgespräch“: Müller erklärt eine Beziehung zwischen einem Mac (Mama) und einem PC (Papa). Eine Vernetzung trotz unterschiedlicher Betriebssysteme sei möglich, Mama habe Papa schließlich die Anwendung erlaubt, woraufhin Papa Mama sein ganzes Programm runtergeladen habe. Leider sei ein kleiner Trojaner dabei gewesen und Mama immer langsamer geworden, bis nach 9 Monaten Mäxchen ausgedruckt wurde! „Daher merke: Nie ohne Firewall!“
Harte Konkurrenz macht dieser Nummer (nach weiteren gelungenen Szenen, für die zwei Tische und Stühle in immer neuen Varianten als Requisiten genügen) allerdings das Finale: Bericht einer Reise in den Steuerdschungel, in die ganz entfernte Vergangenheit, verortet im Finanzamt Bonn-Innenstadt. Zunächst sehe man Kleidungsstücke, die seit der Kreidezeit nicht mehr hergestellt wurden, schließlich dringe man zu den Sauriern vor, zunächst zu Raptoren (Grundnahrungsmittel Kontoauszüge) bis schließlich zum Fiscalosaurus Rex! Genial gespielt, untermalt von Etienne mit perfektem a-cappella-Urwald-Sound!
Weiter so!
Andreas Etienne (*1955 in Oestrich-Winkel) und Michael Müller (*1958 in Bonn) gehörten 1983 zu den Gründungsmitgliedern des Springmaus-Ensembles. Neben Soloprogrammen und TV-Engagements stehen sie seit 1997 auch regelmäßig als Duo auf der Bühne, bis 2008 als die legendären „Nachbarn“ vom Endenicher Wendehammer –die die kultur-Redaktion zugegebenermaßen vermisst! Ob sie nicht vielleicht in einer kleinen Szene ins Programm eingebaut werden könnten? J.S.

Donnerstag, 08.12.2011

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