Der dressierte Mann - kultur 85 - April 2012

Der dressierte Mann von John von Düffel im Contra-Kreis-Theater – Die Strategie der Mütter

Als Gott den Mann schuf, übte sie bekanntlich noch. Bastian ist jedoch ein recht gelungenes Exemplar seiner Gattung: guter Job, häuslich und sogar mit dem heimischen Herd vertraut. Ein Supermenü hat er gezaubert und sogar Verlobungsringe besorgt für seine Liebste. Und dann kommt die nicht nur viel zu spät, sondern hat gerade auch noch eine Führungsposition in der Firma erhalten. Inkl. mindestens dem zehnfachen Gehalt ihres Lebensgefährten. Klar, typisch weibliche Fähigkeiten wie Empathie und Verantwortungsbewusstsein sind gefragt in den Chefetagen der Global Player.
Die Schriftstellerin Esther Vilar (mehrere ihrer keineswegs frauenfeindlichen Stücke kamen übrigens im Bonner Euro Theater Central auf die Bühne) hat diese schönen Eigenschaften ihrer Geschlechtsgenossinnen in ihrem 1971 erschienenen Bestseller Der dressierte Mann geistreich bezweifelt. Und wurde als Nestbeschmutzerin in der Luft zerrissen von den Vertreterinnen der Emanzipation. Alice Schwarzer, längst hoch gepriesene Frauenrechtlerin, zerfetzte die Einsichten der Kollegin rabiat. Dabei hätten sie durchaus Schwestern im Geiste sein können wie die beiden Mütter in der herrlich witzigen Komödie Der dressierte Mann von John von Düffel. Der 1966 geborene, mit 23 Jahren promovierte Philosoph und inzwischen als Romanautor und Dramatiker höchst angesehene Schriftsteller (unter Manfred Beilharz Dramaturg am Schauspiel Bonn, wo auch einige seiner Stücke herauskamen) könnte lo­cker der Sohn der beiden einstigen Streithennen sein.
Einen Sohn zur Welt zu bringen, fand Dr. Elisabeth Schröder-Röder (akademisches Spezialgebiet „Gender-Studies“) schon fast pervers. Das Y-Chromosom sei nur ein abgebrochenes X, das arme männliche Wesen ziehe schon im embryonalen Zustand den Schwanz ein und tauge allenfalls als Arbeitssklave fürs weibliche Geschäft. Marianne Rogée gibt die Intellektuelle im Hosenanzug so brillant, dass man sich geradezu wundert, wie Sohn Bastian es überhaupt ins postpubertäre Stadium schaffte. Ungemein pfiffig fährt dessen Schwiegermutter in spe ihre Geschütze auf. Konstanze Engelbrecht, perfekt verkörpert von Beatrice Richter, hat sich das Vermögen angeheiratet für die Designerklamotten (Kos­tüme: Sabine Weber-Schallauer / Anja Safian), die Frau nun mal braucht, um dem Mann zu suggerieren, in etwas besonders Schönes zu investieren. Kapiert er zwar nicht ganz, hilft seinem Ehrgeiz aber auf die Sprünge und ist folglich ein gesellschaftlich nützlicher Akt. Dass Frauen untereinander von Männern ganz normal wie von Haushaltsgegenständen reden, treibt das Bonmot-Gewitter der Damen bis zur Pause auf komödiantische Hochtouren. Einig sind sie sich nämlich trotz aller feministischen Divergenzen: Helen muss Bastian kriegen.
Das taffe Businessgirl (hinreißend: die junge Martina Dähne) stolpert folglich im raffinierten kleinen Schwarzen durch die Brutstätte weiblicher Gewinnsucht, die naiv Liebe genannt und durch die Ehe steuerrelevant wird. Stephan Schleberger als Bastian wird von dem femininen Trio durchs schauspielerische Fegefeuer geschickt (OK: Die Getränkemischung für sein Tieftraum-KO ist echt unfair), macht aber selbst im kurzhosigen Pyjama noch gute Figur. Der nette Typ hat was und will gar nicht frei sein. Außerdem könnte Frau ja auch mal Mann ein Kind machen und den Herrn der Schöpfung in familiäre Geiselhaft schicken.
Zugegeben: Der zweite Teil von René Heinersdorffs flotter Inszenierung ist eher ein flaches Satyrspiel auf Stöckelschuhen zur Trilogie des Wiedersehens mit den Freibeuterinnen. Das umwerfend sarkastische Mütter-Duett mit zwei erwachsenen Sprösslingen wäre aber nur halb so lustig, wenn die Regie es nicht als pures Theater entlarvte. Am Anfang haben sie ihre Textbücher in der Hand und proben ihre Sätze oder soufflierten Einsätze. Ein genialer dialektischer Kunstgriff, der den Spaß auf die Spitze treibt. Spitzenmäßig ist die Aufführung sowieso. Herrgöttin, mit einer klugen Frau an der Spitze der Republik und einer bekennenden Feministin im NRW-CDU-Wahlkomitee für den neuen Bundespräsidenten ist die Mehrheit der Männerrechtlerinnen gesichert. Frau hat gute Gründe, sich einem in jeder Hinsicht benachteiligten Geschlecht zu widmen. Fazit: Ein unverschämt paradoxes Vergnügen, das niemand sich entgehen lassen sollte. E. E.-K.

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Spieldauer ca.1 ¾ Stunden inkl. Pause
Termine:
täglich bis 29.04.12 außer 26.03. / 2.04. / 6.04. /16.04. / 23.04.

Donnerstag, 11.10.2012

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