Zwei wie Bonnie und Clyde - kultur 87 - Juni 2012

Zwei wie Bonnie und Clyde von Tom Müller und Sabine Misiorny im Kleinen Theater: Sympathisches Ganovenpärchen

Was ist der Überfall auf eine Bank gegen deren Gründung? Keine Sorge, von dieser Brecht-Frage haben die beiden Vorstadtgewächse Manni und Chantal garantiert noch nie was gehört. Ordentlich Geld wollen sie: Nicht zum Spekulieren und elektronischen Vernichten an der Börse, sondern zum Ausgeben. Zum Beispiel für schicke Schuhe, die Chantal wahrscheinlich noch mehr schätzt als ihren Schatz Manni.
Der erste Bankraub der beiden war technisch echt einwandfrei. Bis auf eine Kleinigkeit: Chantal hat im entscheidenden Moment die falsche Alditüte geschnappt. Statt mit fetter Knete sind sie mit Kaffee, zwei Fertiggerichten und zwei Rollen Klopapier in einem Schuhlager gelandet. Weil Chantal beim Lesen von Straßenkarten gewisse Defizite hat, wissen sie leider nicht genau, in welchem Ort. Macht aber nichts: Bonnie und Clyde haben schließlich auch mal klein angefangen, bevor sie in den 1930er Jahren ganz groß ­raus­­kamen, 1934 von der Polizei erschossen wurden und 1967 durch den Oscar-prämierten Film von Arthur Penn in die Kinogeschichte eingingen.
Von Oliver Stones Natural Born Killers sind die Zwei wie Bonnie und Clyde ziemlich weit entfernt, die jetzt im Kleinen Theater ihr kriminelles Unwesen treiben. Zum Schießen komisch ist freilich die Komödie von Tom Müller und Sabine Misiorny, die sich das Stück 1999 selbst auf den Leib schrieben. Inzwischen wird die lustige Geschichte der beiden Möchtegern-Ganoven an vielen Bühnen gespielt. Hier hat Peter Nüesch, seit 2007 Leiter der Festspiele Mayen, den Spaß inszeniert.
Chantals treuherzig wiederholtes „Ich bin ja nicht blöd“ überzeugt Manni zwar nur mäßig. Immerhin konkurriert ihre Begriffsstutzigkeit bei den Proben für den nächsten Überfall sehr erfolgreich mit der Schwindel erregenden Höhe ihrer Absätze. Cheryl Angelika Baulig spielt furchtlos das hübsche Dummchen, das von einer Heirat in Las Vegas und Flitterwochen auf Hawaii träumt und mit dem erbeuteten Kaffee ihren Freund bei Laune zu halten versucht. Manni träumt zwar eher von den einarmigen Banditen in Las Vegas und einer Partnerin, die an der Tanke nicht nur Bier und Schokoriegel besorgt und reißfeste Strumpfhosen nicht mit blickdichten verwechselt. Oliver Grabus spielt den charmanten Proll-Typen kurz vor dem Nervenzusammenbruch (zu Recht entnervter O-Ton: „Lieber Gott, wirf Hirn vom Himmel“) als Knallcharge. Bei den Hauptproben zum detailliert geplanten großen Coup gibt er schauspielerisch wirklich alles und erlebt in einer Provinznest-Sparkasse sein blaues Wunder: Echte Profis greifen das Geld ab…
Weil das nach all den vergeblichen Hirnanstrengungen wirklich ungerecht ist, gibt es kurz vor Banktoresschluss noch einen gut gefüllten Seesack und einen insolventen Schuhladenbesitzer namens Erich (Nikolas Knauf) als dritten im Bunde der kriminellen Dilettanten. Ein Haufen Schuhkartons im praktikablen Einheitsbühnenbild von Frank Joseph muss dran glauben. Mannis preiswerte ­T-Shirts, Erichs teures Designer-Outfit und Chantals kesse Beinkleider gehen aufs Konto der Kostüme von Sylvia Rüger. Hollywoodreif ist das gänzlich unblutige Theatervergnügen kaum, aber ein amüsanter Raubzug mit strafloser Lachmuskel-Gymnastik zweifellos. E.E.-K.

******
Spieldauer ca. 2 Stunden inkl. einer Pause.
War nur bis 25.05.12 im Programm.

Montag, 29.10.2012

Zurück

Merkliste

Veranstaltung

Momentan befinden sich keine Einträge in Ihrer Merkliste.



Letzte Aktualisierung: 28.03.2024 13:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn