Liebeslänglich - kultur 53 - Januar 2009

Zum Totlachen - Liebeslänglich von Folker Bohnet im Kleinen Theater (Uraufführung)

Sogar die Ganoven kaufen seine Bücher, die aus durchsichtigen Gründen immer sofort ins Italienische übersetzt werden. Ilja Bachmann (Künstlername Ilja B.) ist ein erfolgreicher Krimiautor und von sich selbst höchst begeistert. Folker Bohnet lässt ihn in seiner neuen Komödie Liebeslänglich, deren Uraufführung er im Kleinen Theater selbst inszeniert hat, vorlesen aus seinem aktuellen Werk. Wobei einem eher der grauenhafte Stil als der Inhalt Schauer über den Rücken jagen. In der Rolle des selbstverliebten Ilja macht Folker Bohnet das mit feiner Ironie. Zumal über diesen Trick die ganze Bühnenhandlung trotz der Behauptung reiner autobiographischer Wahrheit unter Literaturverdacht steht.
Ilja B. steht nicht wegen seiner verunglückten Metaphern unter Verdacht, sondern weil seine beiden Gattinnen bei Unfällen das Zeitliche segneten, was dem trauernden Witwer beträchtliche Summen aus ihrer Lebensversicherung bescherte.
Diese schleust beim nächsten Gang zum Standesamt also ihren Agenten Yang Mu Leng als Trauzeugen ein. Der ist zwar in Deutschland aufgewachsen und würde jeden Sprachtest glänzend bestehen, aber ein dauerlächelnder Chinese, der ständig L und R velwechsert (Van-Lam Vissay macht das virtuos), ist logischerweise völlig unverdächtig. Zumal der charmante Asiate ein guter Bekannter von Iljas Mutter Donata Vonhoff ist. Die resolute alte Dame (grandios: Edith Teichmann) im schrillen Outfit (Kostüme: Sylvia Rüger) hat nicht nur einen sehr trockenen Humor, sondern auch eine Schwäche für jugendliche Sonny-Boys. Der Teeny-Star Tommy Parker z.B. (total süß und mit seinen sentimentalen Songs wirklich anrührend: Markus Lenz) ist außerdem das Zugpferd ihrer Künstleragentur.
Seit einem Konzert von Tommy hat die blutjunge Braut, das hübsche Schauspielsternchen Saskia Hopf (als keineswegs nur naives Girlie: Kerstin Baldauf) Schmetterlinge im Bauch, weshalb sie auf dem Standesamt einfach „nein“ sagt. Für den alten Graukopf Ilja, der es mit der Hochzeit verdächtig eilig hat, (die erste Rate von Saskias Lebensversicherung ist bezahlt!) ein Skandal. Weil die Horos­kopsterne für Ilja und vor allem für die Standesbeamtin Margarethe Haubenkranz kurz in einer bestenfalls alle hundert Jahre vorkommenden, glücksverheißenden Konstellation stehen, greift die Dame einfach zu. Die brillante Claudia Rieschel (bei der Premiere durch einen tatsächlichen Unfall leicht gehandicapt, aber trotz bandagierter Hand voll auf der Rolle) hat nicht nur ein schlagfertiges Mundwerk, sondern mutiert auch vom drögen, leicht vertrottelten Beamtenwitz zu einer zwar nicht mehr ganz taufrischen, aber höchst attraktiven Blondine. Natürlich rein professionell, denn Maggie will als verkappte Detektivin ja nur Iljas Verbrechen auf die Spur kommen…
In dessen schicker Designerwohnung (Bühne: Katrin Reimers) hocken nach einem Schneesturm alle in der vorweihnachtlichen Mausefalle. Etwas brenzlig wird’s, nachdem der Chinese mal Iljas gelöschte Laptop-Dateien untersucht hat. Die armen Waisenkinder in Moskau, die der Autor und seine gewitzte Mama gegen fehlerhafte Tauchgeräte in der Karibik und strangulierende Hundehalsbänder auf der Kellertreppe ins Feld führen, sind zwar nicht völlig überzeugend. Aber eine solide Überlebenschance der tollkühnen Standesbeamtin ist gesichert. Zumal der amüsante Wortwitz von Folker Bohnet jeden Kommissar der Welt außer Gefecht setzt. E.E.-K.

Aufführungsdauer: ca. 2 ¼Std., eine Pause

Samstag, 02.01.2010

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