Meisterdetektiv Kalle Blomquist - kultur 53 - Januar 2009

Vergnügliche Verbrecherjagd - Meisterdetektiv Kalle Blomquist von Astrid Lindgren in den Kammerspielen

Ein Blutfleck auf der Hauptstraße von Kleinköping! Doch leider steckt wieder mal kein Kapitalverbrechen dahinter. Für ein geübtes Detektivauge ist das schwedische Provinznest ein hoffnungsloser Fall. Für die Zuschauer allerdings ein Augenschmaus. Ausstatter Heiko Mönnich hat Kleinköping, das Generationen von jungen Lesern weltweit als Wohnort des berühmten Meisterdetektivs Kalle Blomquist kennen, wunderbar naturgetreu auf die Kammerspielbühne gebaut – inkl. Ampeln und klettertauglichen Regenrinnen. Natürlich gibt es auch die unheimliche alte Schlossruine mit dunklen Gängen und bröckeligen Mauern wie aus dem Bilderbuch. Bei allem detaillierten Realismus bleibt Astrid Lindgrens Fantasiewelt jedoch voller naivem Zauber. Thomas Goritzki inszeniert ihren 1946 erschienen Kinderkrimi in der Bühnenfassung von Eberhard Möbius mit Tempo und Witz. Die lustigen Songtexte (Musik: Michael Barfuß), in denen sich fröhlich das „Tödliche“ auf das „Unmögliche“ reimt, hat er selbst verfasst. Vom Bühnenrand aus kommentiert der Musiker Martin Erdmann die tollkühnen Abenteuer am Klavier. Das hat mitreißenden Schwung, und dass Kalle „für alle alle alle alle Fälle da ist“ wird jeder im Ohr behalten. Zumal mit atemberaubender spielerischer Laune gesungen und getanzt wird.
Ein tolles Trio sind die drei neuen jungen Ensemble-Mitglieder, die absolut glaubwürdig die aufgeweckte kindliche Rasselbande verkörpern, die im verschlafenen Kleinköping einem richtig großen Ding auf die Spur kommt. Der 29-jährige Oliver Chomik ist Kalle Blomquist mit karierter Detektivkappe, Pfeife im Mundwinkel und stets griffbereiter Lupe. Ein schlauer Bursche, der herrlich altklug seinen großen Vorbildern nacheifert, um die Menschheit vor üblen Bösewichtern zu bewahren. Obwohl das Leben eines Meisterdetektivs ohne solche doch reichlich langweilig wäre… Kommissar Kalle hat jedenfalls die Lage immer fest im Griff und alle denkbaren Tatorte genauestens im Blick. Der 27-jährige Konstantin Lindhorst spielt ungemein komisch Kalles Freund Anders Bengtsson, der schon mal den Überblick verliert, aber immer im rechten Moment zur Stelle ist. Schlicht entzückend ist die 24-jährige Franzis­ka Hartmann als burschikose, pfiffige Eva-Lotte Lisander. Klar, dass die beiden Jungs dieses Mädchen anhimmeln. Zumal sie als Mitglied ihrer Bande „Die weißen Rosen“ wirklich patent ist und den feindlichen „Roten Rosen“ auf dem Schlachtfeld („tausend und abertausend Seelen werden in den Tod gehen“) durchaus Paroli bieten kann. Mit vollem Körpereinsatz wird gekämpft, getobt und sogar ein großartiger Zirkus auf die Beine gestellt. Bei Eva-Lottes halsbrecherischem Seiltanz wird sogar ihrer Mutter (Tatjana Pasztor) fast schwindelig.
Ernsthaft zu schaffen macht Kalle jedoch Onkel Einar. Dass mit dem irgendwas nicht stimmt, sieht man schon beim ersten Auftritt von Ralf Drexler, der diesen unsympathischen Kinderschreck als schleimigen Fiesling mimt. Der liebenswürdige Schutzmann Björk (Carl-Ludwig Weinknecht) ist mit dem Fall nach Kalles Ansicht völlig überfordert. Zumal auch noch zwei äußerst dubiose Gestalten auftauchen, die offenbar Onkel Einar auf den Fersen sind. Daniel Berger und Tim Wittkop überzeugen als Gangster ebenso wie als rauflustige Rosen-Gang.
Bei der turbulenten Verbrechensaufklärung geraten im Blitzlicht selbst die Schlossmauern in Bewegung. Und bei der rasanten Verfolgungsjagd scheppert, knallt und dampft es ordentlich. Ein spannendes Vergnügen bleibt die Aufführung bis zum letzten Moment. Mit ihren vielen amüsanten Einfällen ist sie auch für Erwachsene ein großer Spaß. Der Premierenbeifall – genau an Astrid Lindgrens 101. Geburtstag – wollte kaum enden. Und alle Kinder lieben Kalle und seine Freunde, deren Mut, Witz und Charme niemand widerstehen kann. E.E.-K.


Aufführungsdauer: ca. 2 Std., eine Pause
Nächste Aufführung: 2.01.09
Im Programm bis: ???????
Geeignet für Zuschauer/-innen ab ca. 6 Jahren.

Samstag, 02.01.2010

Zurück

Merkliste

Veranstaltung

Momentan befinden sich keine Einträge in Ihrer Merkliste.


Letzte Aktualisierung: 19.04.2024 20:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn