Die Wilden Hühner - kultur Nr. 47 - April 2008

Munteres Federlesen - Die Wilden Hühner von Cornelia Funke im Jungen Theater

Eine ordentlich verschworene Mädchenbande braucht ein Erkennungszeichen (Hühnerfeder am Hals oder im Haar), ein sturmfreies Standquartier (z.B. der Hof von Sprottes Oma) und vor allem eine feindliche Bande. Natürlich weiß jeder, der Cornelia Funkes Abenteuerserie Die Wilden Hühner gelesen oder im Kino gesehen hat, dass das nur die „Pygmäen“ sein können, also die frechen Jungs, bei deren Auftauchen die Mädchen sofort auf „Rattenalarm“ schalten.
Zum fünften Mal hat das Junge Theater Bonn jetzt ein Werk der erfolgreichsten deutschen Kinder- und Jugendbuchautorin auf die Bühne gebracht. Intendant Moritz Seibert hat Episoden aus den Büchern über die „Wilden Hühner“ zu einer dramatischen Geschichte zusammengefasst. Regisseur Andreas Lachnit macht aus dem witzigen Text mit insgesamt 18 jungen Darstellern zwischen neun und vierzehn Jahren (alle Kinderrollen sind doppelt besetzt) einen spannenden Theaterspaß. Es gelingt ihm dabei vorzüglich, das junge Ensemble, das diesmal fast allein die Bühne beherrscht, frisch und leichtfüßig durch alle Gefahren zu führen. Die meisten sind Bühnenfrischlinge, gestalten ihre Rollen jedoch so individuell und sprachlich/darstellerisch perfekt wie erfahrene Theaterhasen. Den flotten Wechsel der Schauplätze von Omas Hühnerstall über das wacklige hohe Baumhaus der Jungs bis zu Trudes Wohnwagen ermöglicht das schöne Bühnenbild von Laurentiu Tuturuga. Gedreht, verschoben und neu zusammengesetzt werden die variablen Elemente aus Treppen, Türen, Fenstern und Kisten mit Tempo zum Soundtrack aus dem Film About a Boy. Für die kessen, kunterbunten Kostüme sorgt wie immer Ausstattungsleiterin Brigitte Winter.
Sprotte (die elfjährige Yvonne Bornemann alternierend mit der dreizehnjährigen Amanda Rosengarth) ist das Oberhuhn. Außerdem hat Sprottes Oma sich für ein paar Tage verabschiedet, so dass ihr Hof ein ideales Bandenhauptquartier wäre. Frieda (Anna Klassen / Carina Vreden) macht nicht viel Federlesen, die schöne Melanie (Josepha Groesgen / Jelena Potschka) hat zwar Flausen im Kopf, aber das Herz auf dem rechten Fleck. Trude (Franziska Schulte / Nicole Moers) liebt Pralinen und hat prima Ideen. Die schlaue Wilma (Luise Sarfert / Susanne Mohr) muss schon einige Proben bestehen, bevor sie als fünftes Wildes Huhn von dem eingeschworenen Quartett akzeptiert wird.
Damit sind die vier „Pygmäen“-Jungs zwar in der Minderheit. Boss Fred (Bazon Rosengarth / Jona Schwabach), Steve (Jonathan Franz / Leon Fargel), Willi (Patrick Morschhaeuser / Christoph Both) und der kleine Torte (Yannic Corlin / Valentin Rocke als Youngsters der Truppe) behaupten sich aber tapfer gegen die Wilden Hühner, die anscheinend einem kostbaren Schatz auf der Spur sind. Dass sie cleveren Mädels an einem verregneten Abend buchstäblich ins Netz gehen und dann auch noch ihre nassen Klamotten gegen Omas alte Kleider tauschen müssen, ist schon ein starkes Stück. Wenn die Polizei oder der verbies­terte Nachbar Feistkorn (Jan Herrmann und Sören Ergang aus dem Erwachsenen-Ensemble) anrücken, halten Hühner und Pygmäen freilich eisern zusammen.
Ein härterer Brocken ist die strenge Oma Slättberg (herrlich komisch: Giselheid Hoensch), die nicht nur mit einer per Internet besorgten Pistole rumfuchtelt, sondern auch noch ihre alten Hühner schlachten will. Das geht zu weit: Als ob Hennen, die keine Eier mehr legen, gleich in die Suppe wandern müss­ten. Für die große Rettungsaktion ist jedes Bündnis recht. Sprottes alleinerziehende sympathische Mama (Andrea Brunetti) hat Verständnis für die kindlichen Sorgen, obwohl sie selbst schon einen Haufen Probleme am Hals hat. Ganz so idyllisch wie in Pippi Langstrumpfs Villa Kunterbunt geht’s bei den Wilden Hühnern nämlich nicht mehr zu. Willi z.B. wird regelmäßig von seinem überforderten Vater (Peter Devo Neumann) verprügelt, was die beiden Kinderbanden auch nur gemeinsam in den Griff bekommen.
Klar: Die schlauen Girlies haben heutzutage an den Schulen die Mehrheit, Unterstützung brauchen eher die Jungen. Dass die Wilden Hühner leicht altklug ihre ‚soziale Kompetenz’ zitieren, ist ein hübscher kleiner Seitenhieb auf die Kopfnoten-Dis­kussion. Und beim zärtlichen Tanz nach allen gut überstandenen Herausforderungen eigentlich ganz egal, obwohl den Tee für die Party natürlich die Mädchen gekocht haben. Manches können sie einfach besser als eitle Hähne – großes Hühnerehrenwort!
Ein neues Glanzstück in der atemberaubenden Erfolgsgeschichte des JTB! E.E.-K.

Aufführungsdauer: ca. 2 Std., eine Pause
Im Programm bis: ?????
Nächste Vorstellung: 11.05.
Für Familien und Kinder ab 6 Jahren.

Mittwoch, 15.10.2008

Zurück

Merkliste

Veranstaltung

Momentan befinden sich keine Einträge in Ihrer Merkliste.



Letzte Aktualisierung: 29.03.2024 13:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn