Drachenreiter - kultur Nr. 20 - Oktober 2005

Phantastisch -
Uraufführung: ”Drachenreiter” von Cornelia Funke im Jungen Theater

Die Ratte Gilbert Grauschwanz ist klein, aber ziemlich schlau und hat sogar einen Laptop, auf dem sie schon mal ein paar wichtige Reiseinformationen findet. Dann muss aber doch eine alte Landkarte her. Weil nämlich der Silberdrache Lung und das Koboldmädchen Schwefelfell aus Schottland vor den Touristen geflohen sind und plötzlich bei dem kleinen Jungen Ben auftauchen, der regelmäßig ausbüchst und in einem alten Speicher haust. Ein abenteuerlicher Flug auf dem Rücken des Drachen beginnt…
Das Junge Theater Bonn hat nach dem großen Erfolg von Cornelia Funkes "Herr der Diebe" jetzt ein zweites Werk der Bestsellerautorin als Uraufführung auf die Bühne gebracht. Wieder in einer szenischen Bearbeitung von Moritz Seibert und Marco Dott, der auch Regie führt, und wieder im Bühnenbild von Stefan A. Schulz und der Ausstattung von Brigitte Winter. Ganz neu ist die Einbeziehung von Puppen, für die eigens die beiden ausgezeichneten Puppenspielerinnen Iris Schleuss und Katja Bär engagiert wurden. Der technische Leiter des Hauses und Schauspieler Michael Schmidt bringt zudem auch noch viele Erfahrungen im Figurentheater mit. Das Zusammenspiel zwischen Puppen und den sie ständig sichtbar führenden Schauspielern, den erwachsenen Ensemblemitgliedern und den jungen Darstellern in den (wie üblich gibt es zwei alternierende Besetzungen) Kinderrollen funktioniert einfach fabelhaft. Ben (hervorragend: Felix Hüter/Arnold Trautwein) ist die Hauptfigur, ein Antiheld, der im Verlauf der Handlung zum Retter der guten Silberdrachen vor dem bösen Golddrachen Nesselbrand wird. Die freche, vorlaute Schwefelfell (pfiffig: Luise Sarfert/Anna Schmeling) hat anfangs nicht viel übrig für den blonden Menschenjungen, aber immer das Herz auf dem rechten Fleck. Ginever (Vivien Eichhorn/Caroline Tyka), Töchterchen des skurrilen Archäologieprofessors Wiesengrund (Jan Hermann) macht sich mit ihrem klugen Papa nützlich, wenn irgendwas schief zu gehen droht. Der Steinzwerg Kiesbart, dem Iris Kurz (neu im Erwachsenenensemble) einen herrlich komischen Schweizer Akzent gibt, ist ein bisschen alpenländisch vertrottelt. Der Homunkulus Fliegenbein versprüht eher den hinterhältigen Charme der österreichischen Monarchie, wird aber nach einigen Gewissensbissen vom Spion der feindlichen Mächte zum listigen Freund. Nach der Landung am Indus und beim Höhenflug zu einem tibetanischen Kloster und weiter zum magischen "Saum des Himmels" gibt es viele neue Erfahrungen.
Leider können wir nicht alle nennen, die zum Gelingen dieser spannenden Expedition und bisher aufwendigsten Produktion des JTB beigetragen haben. Nennen müssen wir jedoch unbedingt noch den wunderschönen kleinen Drachen, der traumhaft sicher über die Köpfe der Zuschauer durch den Raum fliegt, und natürlich die beiden ungemein sympathischen riesigen Drachen mit ihren flimmernden Silberschuppen, glitzernden Flügeln und schweren Bäuchen einfach an ein Theaterwunder grenzen. Die jungen Zuschauer bei der Premiere konnten sich an ihnen kaum satt sehen. Zehn Minuten Standing Ovations für alle Mitwirkenden vom gesamten Premierenpublikum, das das große T-Mobile-Forum bis zum letzten Platz füllte. Nach dem Auftakt beim Hauptsponsor geht die Produktion ins Stammhaus des JTB an der Hermannstraße. Die mittelalterlichen Drachentöter überlassen wir also locker der Oper oder dem städtischen Schauspiel, weil es im JTB solch phantastische Drachenreiter und tapfere Drachenretter gibt. E.E.-K.

Aufführungsdauer: ca.2 ¼ Stunden mit Pause
Im Programm bis: 2006
Empfohlen für Zuschauer ab 8 Jahren.

Mittwoch, 15.10.2008

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