La Bayadère / Zorbas, der Grieche - kultur 91 - Dezember 2012

"La Bayadère" und "Zorbas, der Grieche" in der Oper: Ballettwunder aus Vilnius

Die Freunde des klassischen Balletts erlebten Sternstunden bei dem Gastspiel des Litauischen Nationalen Opern- und Balletttheaters. Die große Compagnie pflegt die russische Tradition und hatte bei der 1877 uraufgeführten Bayadère sogar die Originalchoreographie von Marius Petipa reanimiert. Es ist ein romantisches Handlungsballett mit wirklich allen Elementen dieser fabelhaften Kunstform. Ein opulent ausgestattetes Märchen aus dem fernen Indien mit hinreißenden Ensembleszenen und atemberaubenden Soli und Pas de deux. Im ersten Akt mit malerischem Dschungel-Prospekt steht der Tanz ein wenig zurück hinter den Ritualen und Pathosgesten. Die Tempeltänzerin Nikija (traumhaft schwerelos: die zierliche Japanerin Miki Hamanaka) liebt den schönen Krieger Solor (unglaublich elegant: der hochgewachsene Litauer Aurimas Paulauskas), der jedoch die Radscha-Tochter Gamzatti (bezaubernd: die Russin Anastasia Chumakova) heiraten muss.
Im festlichen zweiten Akt wird zur Unterhaltung der Hochzeitsgesellschaft mehr als eine gute Stunde lang alles geboten, was zur virtuosen Tanzkunst gehört: exotische Folklore, brillante Ensembles, tollkühne Sprünge, wirbelnde Pirouetten – das gesamte Figurenarsenal. Sogar ein prächtig geschmückter Elefant wird aufgefahren, die Kinder des Bonner Ballettzentrums Vadim Bondar haben einen entzückenden Auftritt, ein goldenes Idol verheißt Liebesglück. Bis die verzweifelte Bayadere an einem Schlangenbiss zugrunde geht, was nach der bunten Revue zu einem der schönsten weißen Akte der Tanzgeschichte führt. Im Mondschein schweben die Geister der Mädchen von den Bergen ins Tal. All die präzisen Formationen mit weißen Tüllröck­chen, auf der Spitze getanzter purer Poesie, Flugnummern, Hebungen – ein zutiefst berührender seliger Traum, der nach insgesamt drei Stunden Ballett vom Feinsten abrupt aufhört. La Bayadère blieb unvollendet, das tragische Ende des Paares Solor/Gamzatti bleibt ausgespart.
Ein Sonderlob verdient zweifellos der musikalische Leiter Martynas Staškus, der die Philharmonie Südwestfalen und das Landesorchester NRW sorgsam durch die Vorstellungen dirigierte. Die Komposition des Österreichers Ludwig Minkus ist eher Gebrauchsmusik, aber so klangschön und in jeder Nuance live auf das Bühnengeschehen abgestimmt, erlebt man Ballettmusik selten.

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Die Musik von Mikis Theodorakis ist auch dann noch unwiderstehlich, wenn sie vom Band kommt. Was die Litauer bei der 1988 in Verona uraufgeführten Erfolgsproduktion Zorbas, der Grieche des italienischen Choreographen Lorca Massine am letzten Abend ihres Bonner Gastspiels präsentierten, sprengt die Grenzen zwischen populärem und klassischem Tanz. Andrius Žužžalkinas spielt den energiegeladenen Außenseiter in dem namenlosen griechischen Dorf. Aurimas Paulauskas ist der junge Amerikaner ganz in Weiß, der mit Spagatsprüngen von gefühlter Dreimeterbreite und Zweimeterhöhe die archaische Gesellschaft dionysisch aufwirbelt und die schöne Witwe Marina (Margarita Verigaitè) für sich gewinnt. Was deren Verehrer Yorgos (Martynas Rimekis) zur Weißglut treibt. Zu Tränen rührend ist der Tod der alten Dorfhure Hortense (Anna Edita Baranova). Zweieinhalb Stunden lang große Emotionen in einer tänzerisch unübertrefflich mitreißend erzählten Geschichte. Beim abschließenden feurigen Sirtaki sprühten die Funken der Lebenslust bis in die letzte Reihe des ausverkauften Opernhauses. E.E.-K.

Donnerstag, 14.02.2013

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