La Cour – ein königliches Varietéspektakel - kultur 69 - Oktober 2010

Sturmfreie Bude bei Hofe: La Cour – ein königliches Varietéspektakel im Pantheon

Auch in Frankreich zu Zeiten des höfischen Absolutismus gab es gelegentlich „sturmfreie Bude“: wenn der König auf Reisen war. Endlich Zeit zum Ausschlafen, freien Musizieren, Tanzen und natürlich unbeobachteteren Kontakteknüpfen.
In diese Welt mit Samtkostümen und gepuderten Perücken entführte das Varieté La Cour vom 10.-22. August das Publikum im Pantheon. Hier, wo zumeist Wortakrobatik aufgeführt wird, wurde Zirkuskunst vom Jonglieren bis zum atemberaubenden akrobatischen Tanz geboten. Das für einige Sommerwochen tourende Ensemble besteht aus acht internationalen Künstlern dieser Disziplinen.
Geschickt moderiert vom „Zeremonienmeister“ (dem Kölner Jongleur Stephan Masur) wurden die Nummern der solo oder zu zweit auftretenden Akrobaten zur Geschichte eines Ferientages bei Hofe verknüpft, in dem Gebräuche mit streng geregelten Konventionen trotzdem nicht fehlten, von der Morgentoilette über eine Grußzeremonie bis zur Fächersprache der Damen.
Besonders faszinierte die Nähe zu den Darstellern (Seraina Imholz aus der Schweiz, Katerina Repponen und Pasi Nousiainen aus Finnland, Charlotte Greenblatt aus den USA, Vladimir Golubchyk aus der Ukraine, Emiliano Ferri und Petra Lange), wie sie im Zirkus kaum möglich ist: Trapez, Tau und Vertikaltuch waren an der Decke oberhalb des nicht bestuhlten Parketts befestigt.
Und so konnte man mit der an Sissi erinnernden, befreit/sehnsüchtig turnenden Prinzessin mitfühlen und bekam Paartanz mit perfekt abgestimmten „gewagten“ Hebefiguren, faszinierende Balanceakte mit liegend auf den Fußspitzen balancierten Kunststoffrollen, Tanz mit Leitern und einiges mehr geboten. Die von einer Darstellerin im Catsuit vorgeführten Nummern am Tau und Vertikaltuch waren höchst beeindruckend, allerdings fielen die aus den 1990er Jahren stammenden Kostüme und die Musik von Falco aus dem barocken, märchenhaften Rahmen.
Schließlich aber geht das Gerücht, der König sei zurückgekehrt und habe sich inkognito unter das Volk gemischt, um das Geschehen ein wenig zu beobachten. Zu erkennen sei er nur an einer weißen Lilie. Im Publikum entdeckt, wird er (ein Zuschauer) zum Schloss geführt, mit Mantel und Krone standesgemäß gekleidet und der Hofstaat erbietet ihm die Ehre. Dann legt sich der König zur Ruhe und fällt in tiefen Schlaf, von Musik auf der Säge begleitet. Ob er nicht mindestens genauso die Freiheit genossen hat?
Wir freuen uns auf das neue Programm von La Cour im nächsten Sommer im Pantheon. J.S.

Dienstag, 15.02.2011

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