Beuchleins bittere Beichte - kultur 73 - Februar 2011

GROTESKE DANSE MACABRE: Beuchleins bittere Beichte in der Pathologie

Zwischen den Figuren berühmter Turmuhren taucht er gelegentlich auf, der Sensenmann: Der Tod ist sicher, die Stunde nicht. Beim Allerheiligensegen hat er in einer mittelalterlichen Stadt den Bischof erwischt – ganz konkret, denn genau zur Mittagsstunde ist die Figur des Todes vom Rathausturm gefallen und hat den Kirchenfürsten erschlagen.
Fünfzig Jahre lang stand die kostbare Uhr still, nun soll Meister Balduin Beuch lein sie reparieren. Davon erzählt das „Schelmenstück mit Sensemann“, das Peter Brandt, Kameramann, TV-Produzent (Die Sendung mit der Maus) und Autor des Internetcomics Hanisauland der Bundeszentrale für politische Bildung, dem Schauspieler Thomas Franke auf den Leib geschrieben hat. Die U(h)r-Aufführung von Beuchleins bitterer Beichte im Theater Die Pathologie hat Martin Schnick inszeniert, mit dem Franke bereits mehrere Monolog-Dramen erarbeitete. Ein begnadeter Säufer ist Beuchlein, der sich in der Turmstube gegen Schwärme von Fledermäusen (schön hörbar in der von Franke alias Mikail Schokostalisch selbst gestalteten Tonspur) wehrt. Sein stummer Dialogpartner ist ein Skelett. Denn die Gebeine der Todesfigur muss Beuchlein wieder zusammenfügen, bevor er mit dem ersten Schlag der Uhr seinen Lohn von den Stadtoberen erhält. Gevatter Tod ist ihm nicht fremd, seit er als Lehrling im Badehaus beinahe eine Hure ersäufte. Das Handwerk des Schnitters beherrscht der alte Beutelschneider durchaus, weshalb der Tod ihn gewiss als Gehilfen brauchen könnte und ihm dafür noch fünfzig Lebensjahre bewilligen dürfte. Beuch lein setzt alles daran, den Sensenmann zu bestechen. Zärtlich streicht er ihm mit dem Messer übers Gerippe, als ob’s ein Cello wäre, und wagt auch branntweinselig einen Walzer mit dem Klappermann, der gelegentlich seine Knochenhand auf Hals und Herz des Gauners zu legen scheint. Bier, Schnaps und ein Hundebiss bringen Beuchlein seinem ungerührten Freund näher als ihm lieb ist. Franke spielt mit vollem Körpereinsatz und aberwitziger Komik den mordlustigen Gauner, der sein mechanisches Uhrwerk langsam aus den Augen verliert, während er dem für ihn immer lebendiger werdenden Tod von seinem wüsten Leben beichtet. Eine bizarre Danse macabre, kräftig gewürzt mit Bockbier und Bühnenblut. Bis halt nach einer tiefschwarz humorigen Theaterstunde die Glocke läutet und wieder einer dran glauben muss. Ein schauspielerisches Vergnügen, aber nichts für zart besaitete Gemüter. E.E.K.

Nächste Vorstellungen: 28.-30.01./5.-6.02.

Dienstag, 01.02.2011

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