Die arabische Prinzessin - kultur 98 - Juli 2013

Die arabische Prinzessin im Alten Malersaal: Musikalisches Märchen

Die verwöhnte Prinzessin Amirah verliebt sich Hals über Kopf in den armen Fischverkäufer Jamil. Weil der hübsche Junge so schön singen kann, lässt das eigenwillige Mädchen ihn von ihren drei Hofdamen als Beute vom Fischmarkt in den Palast entführen, was bei Hofe für einiges Naserümpfen sorgt. Tante Safah erzählt dem kleinen Ali das Märchen von der „Arabischen Prinzessin“. Der Regisseur Jens Kerbel hat die bezaubernde musikalische Komödie mit hinreißendem Einfallsreichtum im Alten Malersaal auf die Bühne gebracht.
Der in Bilbao geborene Komponist Juan Crisóstomo Arriaga (1806 – 1826) starb kurz vor seinem 20.Geburtstag in Paris. Aus der Musik dieses spanischen Wunderkindes hat die Dirigentin Anna-Sophie Brüning für die Barenboim-Sais-Stiftung eine Märchenoper entwickelt, die 2009 in Ramallah in arabischer Sprache uraufgeführt wurde. Die europäische Erstaufführung fand 2011 an der Oper Leipzig statt. Ekaterina Klewitz, Leiterin des Kinder- und Jugendchors der Oper Bonn, hat zusammen mit Jens Kerbel eine Bonner Fassung erarbeitet. Die arabische Prinzessin ist ein Singspiel mit vielen Anklängen an Mozart und für junge Stimmen höchst anspruchsvollen Solopartien. Das große junge Ensemble bewältigt seine sängerischen Aufgaben – gesungen wird übrigens sehr textverständlich – unter der musikalischen Leitung von Ekaterina Klewitz bravourös.
Der hervorragende junge Tenor Julian Kokott überzeugt als charmanter Jamil, der sich zwar zurichten lässt als Prinzgemahl, es aber irgendwann satt hat, nur der aus der Gosse aufgelesene tolle Hecht der koketten Amirah zu sein und sich aus dem höfischen Staub macht. Zusammen mit seinem ständigen Begleiter, dem Barsch (herrlich komisch Josephine Löschner, alternierend mit Melissa Reuter). Wobei die Kostüme von Mathilde Grebot eine echte Augenweide sind. Wie da Aal-, Sprotten- und Makrelenhändler wetteifern mit dem Weiß und Gold der noblen Frack-Gesellschaft, dem Grufti-Look auf der Insel des Vergessens und dem kessen Outfit der heutigen Straßenkinder, lässt die Zuschauer aus dem Staunen kaum noch herauskommen.
Staunenswert ist auch die junge Sopranistin Katharina Liebhardt (alternierend mit Josefine Heller), die alle hohen Klippen der Amirah-Partie perfekt meistert. Sie spielt eine selbstbewusste Prinzessin, die ihrem Bräutigam erst mal Bildung per Reclam-Heft verpasst. Die fürstliche Hochzeit inklusive munter herumkurvendem Papa-Mobil ist ein Riesenspaß. Danach ist Schluss mit lustig. Per Wal-Schiff geht’s auf die dramatische Suche nach dem entschwundenen Geliebten. Buchstäblich Kopf und Kragen muss Amirah riskieren, um Jamils versteinertes Herz zurückzugewinnen.
Glücklicherweise haben Geschichten oft mehrere Wendungen. Daran hat schon der geheimnisvolle Geschichtensammler (Camilla Heldt / Johannes Ipfelkofer), der sich als düsterer Vergessensfürst entpuppt, keinen Zweifel gelassen. Zudem singt Tante Safah (großartig: Carina Schwarzenberg / Lina Hoffmann) nicht nur eine zutiefst berührende Sehnsuchts­arie, sondern hat auch ein überraschendes Geheimnis. Das muss ihr kleiner Neffe Ali (entzückend: Sophie Bade / Alica Camp) noch nicht ganz verstehen. Auch die raffiniert ineinander verwobenen Handlungsebenen sind eine Herausforderung.
Wunderbar transparent musiziert jedenfalls das brillant klingende Orchester der Jungen Oper Bonn. Das fantasievolle Bühnenbild von Ansgar Baradoy kann man sich mit etwas Geschick sogar aus dem Programm-Plakat nachbauen. Die opulente Ausstattung sollte man allerdings ebenso live erleben wie die über 50 jungen Sänger und Spieler, die gemeinsam ein Meisterwerk gestaltet haben, das sich messen lassen kann mit großen Produktionen im Opernhaus. Die liebevolle Inszenierung, die jeder Figur ein individuelles Gesicht verleiht, wurde bei der Premiere zu Recht mit Ovationen überschüttet. E.E.-K.


Spieldauer ca. 80 Minuten, keine Pause
Empfohlen für Zuschauer ab 8 Jahren.
Letzte Termine:
5.07./ 6.07./7.07./14.07./19.07./20.07.2013

Dienstag, 10.12.2013

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