Sister Class - kultur 99 - Oktober 2013

Sister Class mit Katja Ebstein im Kleinen Theater: In himmlischer Mission

„Kopf hoch, Schätzchen“ lautet ihre Devise. „Nach oben denken und nach vorne schauen“. Schwester Marie Claire hat aufbauende Ratschläge für die Teilnehmer ihres „Lebenshilfe-Seminars“. So lautet der Untertitel des musikalischen Abends Sister Class mit Katja Ebstein. Die vielseitige Sängerin und Schauspielerin hat eine Menge zu sagen über das, was überall falsch läuft und deshalb geändert werden muss. Auch als Klos­terfrau will sie lieber herzhaft zupa­cken als fromm die Hände falten. In der Rolle der patenten Nonne geht es ihr mehr um irdische Lebensglück-Rezepte als um himmlische Ruhe. Weshalb die strenge Mutter Oberin auch recht skeptisch aus dem Bilderrahmen im Hintergrund blickt, während Schwes­ter Marie Claire als Coach am Flip-Chart die Welt erklärt.
Von ihrer Kindheit in Brooklyn erzählt sie. Von ihrer jungen Liebe zu dem Baptistensohn Johnny und von ihrer Begeisterung für die Gospel-Gottesdienste. Die Musik weckte ihren Glauben und trägt auch die Show der Katja Ebstein im Kleinen Theater. Gekonnt streut sie mit ihrer unverwechselbaren Stimme ihre bekannten Lieder in den charmanten Redefluss, am Klavier sorgsam begleitet von Pater Stefan (alias Stefan Kling, verantwortlich auch für die musikalische Leitung), der ebenso wie Hausmeister Karl (Lutz Arkenberg, ansonsten zuständig für die Bühnentechnik) das nicht ganz klosterkonforme Temperament der Star-Nonne einfach hinnimmt. Die Regie hat Peter Nüesch übernommen, der schon mehrfach am Kleinen Theater arbeitete und die Burgfestspiele Mayen leitet. Mit ihrer Bühnenpräsenz, spielerischen Präzision und gesanglichen Ausdruckskraft beherrscht die 68-jährige Ebstein die Szene freilich ohnehin.
Statt im schwarzweißen Nonnengewand mit keck unter dem Schleier hervorlugendem Pony erscheint sie nach der Pause in einer schicken Heilsarmee-Uniform (Kostüme: Sylvia Rüger) und erfreut ihre Gemeinde mit kesser Pferdeschwanz-Frisur und manchen frechen Sprüchen. Schließlich fand schon die putzige Nonnenpuppe Fresia, dass Schwes­ter Marie Claire ihren eigenen Weg gehen solle. Weil es Wunder immer wieder gibt und die Liebe wie wildes Wasser ist, darf die Dramaturgie dabei getrost mal aus dem Ruder laufen. Zum Ausgleich führen die Songs zurück in die Zeit der großen internationalen Erfolge der Ebstein. Selbstverständlich gibt es klassische Hits wie „As Time Goes By“, „Wo sind die Clowns“ und zum Schluss natürlich „Theater“, mit dem sie 1980 den zweiten Platz beim „Grand Prix d’Eurovision de la Chanson“ (heute heißt das talentfrei „European Song Contest“) errang. Leiser und poetischer wird sie mit Gedichten von Heine und Brecht. Sie hat – in welcher Mission auch immer – schließlich viel zu sagen über Verantwortung, Versöhnung, Ökopax und alles andere Gutmenschliche. Nicht bloß Non(n)-Sense, sondern wie Schwester Mary Clarence in Sister Act (die Verwandtschaft mit beiden Erfolgsmusicals ist beabsichtigt und nicht zufällig) echt was Eigenes und gern auch Unpassendes. Aber so liebenswürdig, dass alle Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer die Prüfung ordentlich bestanden und ihrer tapferen Bühnendozentin ein entsprechendes Lob gönnten. E.E.-K.

Spieldauer ca. 2¼ Stunden,
inkl. einer Pause
Das Stück steht noch vom
28. - 30.09.13 auf dem Spielplan.

Dienstag, 10.12.2013

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