Das Bildnis des Dorian Gray (Kleines Theater bad Godesberg) - kultur 100 - November 2013

Das Bildnis des Dorian Gray im Kleinen Theater Bad Godesberg: Hinreißend schön und verdorben

Der Junge ist zu hübsch, um der schnöden Vergänglichkeit anheimzufallen. Außerdem ist er reich und wird geradezu vergöttert von dem Maler Basil Hallward. Der hat so viel von seiner eigenen Künstlerseele in das Porträt des Dorian Gray gelegt, dass er es nicht öffentlich ausstellen will. Dorian dagegen verliebt sich in das Bild, das ihm seine Schönheit erst offenbart. Genau so möchte er für immer bleiben und die unvermeidlichen Lebensspuren seinem Porträt überlassen.
Oscar Wildes 1891 erstmals in Buchform erschienener Roman Das Bildnis des Dorian Gray ist eine Studie über Eitelkeit und Moral, vor allem jedoch über die Kunst. Der bekannte Autor John von Düffel hat die Erzählung in seiner Dramatisierung elegant zugespitzt. Im Kleinen Theater inszeniert Regisseurin Stephanie Jänsch diese Fassung im transparenten Bühnenbild von Thomas Hoffmann klar und präzise. Sie setzt auf die Brillanz der Dialoge und arbeitet klug den Tiefgang unter der schillernden Oberfläche heraus.
Pure Oberfläche ist Dorian Grays Leben, bevor er sich selbst als Kunstwerk wahrnimmt. Luka Dimic spielt überzeugend den naiven Narziss, der immer tiefer versinkt im Sumpf der Amoralität. Leo Braune ist der feinsinnige Maler Basil, der Sehnsucht nach der vollkommenen Schönheit mit dem Leben bezahlt. Matthias Kiel als zynischer Dandy Lord Henry Wotton hat nicht nur köstliche Bonmots auf der Zunge, sondern besitzt auch eine skrupellose Intelligenz. Ein Ästhet und Genießer, der sich das göttliche Experiment gönnt, Dorian nach seinem Ebenbild als Kunstwerk neu zu erschaffen. „Der einzige Weg, einer Versuchung zu entgehen, ist der, ihr zu erliegen“, weiß Henry und agiert entsprechend.
Auf seinen hedonistischen Streifzügen durch London verknallt sich Dorian in die mäßig begabte Schauspielerin Sibyl Vane und lädt seine gelangweilten Freunde zu einer Vorstellung ein. Natürlich kann das Mädchen die Julia nicht mehr spielen, weil die Liebe plötzlich echt ist. Anna Tarkhanova verkörpert anrührend die Verletzlichkeit der jungen Künstlerin, die nach der barschen Zurückweisung Selbstmord begeht. Ihren brüderlichen Rächer Jim gibt Nikolas Knauf, der freilich auch zugrunde geht. Als Henrys Gattin Lady Wotton glänzt Nicola Thomas mit edlen Roben (Kostüme: Sylvia Rüger) und kühlem Vamp-Charme.
Der schöne Dorian Gray bleibt jung, bis er das Bildnis zerstört, das für ihn alterte und seine Verderbtheit aufhob. Gezeigt wird die schreckliche Fratze seines Lebens auf der Bühne nicht mehr. Die Inszenierung überlässt es der Phantasie der Zuschauer, sich auszumalen, welche Zerstörungen die Sucht nach ewiger Schönheit und Jugend anrichtet. Großartig! E.E.-K.
Spieldauer ca. 2¼ Stunden,
inkl. einer Pause
Das Stück steht nur noch bis zum
26.10.13 auf dem Spielplan.

Dienstag, 03.12.2013

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