Das Dschungelbuch - kultur 101 - Dezember 2013

Das Dschungelbuch im Jungen Theater Bonn: Urwald-Musical

Nur der kluge Panther Baghira kennt die Gesetze der Menschen und des Dschungels und weiß deshalb, dass Mowgli nicht für immer im Urwald bleiben kann, wo eine unverschämt freche Affenhorde Tag und Nacht Party macht und dabei auch schon mal fragt, wer denn die Kokosnuss geklaut hat. Ein bisschen Spaß muss sein, damit die Internet-Natives und die Bücherwürmer aller Generationen Lust auf Bühnen-Erlebnisse bekommen.
JTB-Intendant Moritz Seibert hat Rudyard Kiplings Ende des 19. Jahrhunderts erschienene Dschungelbuch-Erzählungen sehr witzig mit viel Musik und Bewegung neu fürs Theater bearbeitet und auch das eindrucksvolle Urwald-Bühnenbild für seine Inszenierung entworfen. Auf einem riesigen umgekippten Baumstamm klettern alle munter herum. Vor allem Mowgli scheint kaum genug zu kriegen von der übermütigen Turnerei. Der junge Schauspieler Ferdi Özten – bei dieser Produktion ist nur das JTB-Profi-Ensemble im Einsatz – verkörpert hinreißend das unbekümmerte Menschenkind, das von einem Wolfsrudel aufgezogen wurde. Als junger Erwachsener erzählt er anfangs seine Geschichte den neuen Freunden im Menschendorf und zieht damit auch die Zuschauer hinein in das Drama seines Dschungellebens. Dass all die Tiere von Menschen gespielt werden, vergisst man fast angesichts der phantasievollen Kostüme von Ausstattungsleiterin Brigitte Winter.
Ganz vorsichtig nimmt Wolfsmutter Rakscha (Katharina Fielschen) das hilflose Menschenwesen als Puppe in ihre Pfoten und sichert ihm das Überleben in ihrer Familie. Ein Volltreffer als Erzieher ist der wunderbar tollpatschige Bär Balou, der ein großes Herz hat für gelehrige Kinder. Christian Steinborn ist ein Bilderbuch-Bär mit so geringem Verstand wie sein britischer Verwandter Winnie Pooh, aber auch ein tapferer Wegbegleiter bei allen Gefahren. Ein brillanter Kopf ist dagegen der schwarze Panther Baghira, dem Jan Herrmann den strengen Ernst eines Samurai-Kämpfers verleiht. Baghira kennt die Grausamkeit der Menschen ebenso wie die begrenzte Freiheit des Dschungels und weiß, dass Mowglis sorglose Waldkindheit ein Ende haben muss. Wie er den bösen Tiger Shir-Khan unter Einsatz seines Lebens in die Flucht schlägt, sichert ihm einen Ehrenplatz im Universum der Wildnis. Schwer verletzt wird er zutiefst berührend noch die Tränen seines Schützlings trocknen.
Als Pop-Star des Urwalds gebärdet sich Bernard Niemeyer in den Rollen des wilden Shir-Khan und des durchgeknallten Oberaffen. Sogar der hat im Partytaumel jedoch keine Chance gegen den Hypnose-Blick der schillernden Würgeschlange Kaa, die glücklicherweise ohne Giftzähne unterwegs ist und meis­tens auf Diät. Wie Andrea Brunetti sich kokett von Ast zu Ast schlängelt, ist ein Vergnügen, das selbst von dem putzigen Elefantenmarsch (Carlo Himmel als rüsselschwenkender General und Amrei Wehnert als brav exerzierendes Dickhäuter-Baby) kaum mehr zu übertreffen ist.
Dass ein Menschenmädchen möglicherweise eher durch eine Blume als durch einen Knochen mit viel rohem Fleisch zu gewinnen ist, bringt Baghira dem zum hübschen Jüngling herangewachsenen Mowgli noch rechtzeitig bei. Schuhe wird der Junge freilich nur ungern tragen, lieber barfuß rumlaufen und seine sympathischen animalischen Freunde ebenso wenig vergessen wie wir.
Ob’s im Urwald Honig gibt, sollten wir als offene Frage den Naturforschern überlassen. „Sei gut zu den Bienen“, lautet jedenfalls die charmante Botschaft verbunden mit der etwas bedenklichen „Regel Nummer Eins: Wie werd‘ ich Bär?“ Gesungen und getanzt wird unter der Leitung von Valerie Joy Simonds so köstlich, dass es fast wunschlos glücklich macht. E.E.-K.

Spieldauer ca. 1½ Stunden,
inkl. einer Pause
Empfohlen für Zuschauer ab 5 Jahren.

Dienstag, 14.01.2014

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